Beiträge von Miraculus

    Da die Software keine längeren Beiträge akzeptiert, habe ich den Text aufgeteilt, hier kommt der zweite Teil: Zudem scheint es, wie Timimi erwähnt, ungünstige Folgen zu haben, wenn psychische Probleme als "Krankheiten" taxiert werden, da dies zu einer vermehrten Stigmatisierung, aber auch zu einer Selbst-Stigmatisierung führt. Auch spricht offenbar vieles gegen die "Validität" psychiatrischer Diagnosen: Das heißt, dass solche Diagnosen keine "natürlichen Phänomene" erfassen, sondern mehr oder weniger willkürlich einfach bestimmte Symptome unter einem Namen zusammenfassen. Daher haben auch viele Psychiatrie-Patienten wechselnde oder gleich mehrere Diagnosen. Die renommierte [i]British Psychological Society[/i] etwa steht aus diesen und anderen Gründen dem ganzen Konzept psychiatrischer Diagnosen sehr kritisch gegenüber. Im Übrigen scheinen solche Diagnosen auch nur einen geringen oder überhaupt keinen therapeutischen Nutzen mit sich zu bringen. Die Behauptung, dass nur derjenige bei einem psychologischen Problem effektiv helfen könne, der ihm eine diagnostische Kategorie zuordnen kann, muss somit als sehr fragwürdig betrachtet werden. Wie gesagt wird bereits jetzt die Prävalenz "psychischer Störungen" auf bis zu 45% geschätzt, und ob das gute Folgen hat, ist fraglich. Wenn nun aber selbst noch Übergewicht oder andere "Alltagsprobleme" als Ausdruck einer dahinterstehenden Psychopathologie gedeutet werden würden, und das auch noch "oft", dann dürften die psychisch Gesunden wohl bald eine Minderheit sein. Anstatt die Pathologisierung normaler menschlicher Probleme voranzutreiben, wäre zu überlegen, ob man nicht vielleicht damit aufhören sollte, "normale" psychologische oder Lebens-Schwierigkeiten als "Erkrankungen" zu definieren. Zudem wird zwar häufig behauptet, dass die Ausübung der Psychotherapie einer besonderen Qualifikation bedürfe - siehe etwa die Äußerungen jenes erwähnten Psychologie-Professors. Überzeugend bewiesen worden ist diese These jedoch noch nicht. In umfassenden Meta-Analysen kamen etwa Gunzelmann und Kollegen zum Befund, dass "Laientherapie" hocheffektiv ist. Typischerweise erzielten die Laien über ein weites Spektrum von Problemen sogar besser Ergebnisse als die Professionellen. Diese Ergebnisse sollten zwar nicht überbewertet werden (siehe den ersten oben verlinkten Artikel), und es soll damit auch nicht behauptet werden, dass "professionelle" Therapeuten nun einfach überflüssig wären. Andererseits sprechen diese Ergebnisse zweifellos gegen die Tendenz, "Laien" als "unqualifiziert" oder "inkompetent" darzustellen. Andere Studien, Reviews und Meta-Analysen kommen gewöhnlich zu vergleichbaren Befunden. (Ebenfalls relevant ist die Tatsache, dass die Effektivität verschiedener Therapie-Methoden im Allgemein sehr ähnlich ist; das legt nahe, dass es eigentlich vor allem unspezifische Faktoren sind, die da wirken, und die auch einem Laien "verfügbar" sind.) (Vgl. Gunzelmann T., Schiepek G. & Reinecker H.(1987). "Laienhelfer in der psychosozialen Versorgung: Meta-Analyse zur differentiellen Effektivität von Laien und professionellen Helfern." [i]Gruppendynamik[/i], Vol. 18, pp. 361-384.) Insofern sind die Äußerungen jenes Psychologie-Professors, der Laien die Fähigkeit zur psychologischen Hilfe aberkennt, auch erstaunlich. Man stelle sich beispielsweise einmal vor, dass ein Psychiatrie-Professor behaupten würde, dass Psychologen zur Psychotherapie unqualifiziert seien, ohne dass er irgendwelche überzeugenden Belege für seine Behauptung vorlegen würde. Oder man stelle sich vor, dass seine Behauptung sogar im Widerspruch zur verfügbaren Forschung stünde. Würde man ein solches Verhalten nicht als unseriös begreifen? Ähnlich steht es um die Behauptung der entsprechenden Heilpraktikerin, obwohl man da vermutlich kein Wissen erwarten kann, das dem eines Psychologie-Professors gleichen würde. Erstaunlicherweise werden die Erkenntnisse der Psychotherapieforschung zur hohen Effektivität der Laien jedoch kaum beachtet. Dabei sind sie - auch wenn sie unvollkommen sein mögen -, doch eigentlich die beste Evidenz, die wir haben. Theoretische Spekulationen sind weit unsicherer: Will ich wissen, ob ich noch Brot im Kühlschrank habe, dann kann ich lange und vielleicht sogar halbwegs begründet spekulieren - besser ist es aber, wenn ich einfach nachschaue. Ähnlich kann man lange darüber spekulieren, ob "Laien" unqualifiziert zur Behandlung psychischer Probleme sind; diese Frage jedoch einfach konkret auszutesten, bringt einen weiter als die Spekulationen. Es ist daher seltsam, dass die relevanten Ergebnisse so wenig bekannt sind. Das mag teilweise an Eigeninteressen liegen, aber es müsste doch eigentlich auch unabhängige Personen oder Institutionen (Journalisten, Gesundheitspolitiker usw.) geben die zumindest ein gewisses Maß an Neutralität haben könnten. Das gesamte "typische" psychiatrische Modell - psychische Probleme sind "Erkrankungen" (des Gehirns), die allein von Spezialisten behandelt werden können - scheint empirisch nicht überzeugend begründbar zu sein. Vielleicht sollte man es tatsächlich einmal grundsätzlich hinterfragen. Und vielleicht ist es ja grundsätzlich verfehlt, psychische Probleme und ihre Behandlung in einer "technischen" Weise zu verstehen. Und wenn man schon von "psychiatrischen Störungen" sprechen möchte (obwohl das vermutlich mehr Schaden als Nutzen bringt), so sollte man dieses Konzept womöglich auf besonders schwere Probleme beschränken, anstatt nun auch noch Rauchen oder Übergewicht zu "psychiatrisieren". Letzteres mag zwar im Interesse bestimmter Berufsgruppen liegen; ob es aber auch im Interesse der Betroffenen selbst liegt, ist keineswegs so sicher. Und ob eine gute wissenschaftliche Grundlage dafür existiert, dass der Psychologie-Professor den Heilpraktiker und der wiederum den Coach abwertet, ist ebenfalls zweifelhaft. Man kann ja gerne anerkennen und respektieren, dass bestimmte Personen ganz besondere kompetenzen besitzen mögen – aber dazu muss man ja andere Leute nicht ohne Argument delegitimieren. Ich gebe zu, dass ich selbst bei diesem Thema früher in manchen Fragen deutlich unkritischer war, vor allem beim psychiatrischen Krankheitsbegriff. Aber im Lauf der Zeit habe ich erkannt, dass es eben durchaus gute kritische Argumente gibt, die einen dazu bringen können, manche Dinge zu hinterfragen. Um dies klarzustellen: Ich habe nichts dagegen, dass Menschen mit psychologischen Problemen Hilfe bekommen, auch professionelle und von den Krankenkassen bezahlte. Und ich meine auch nicht, dass diese Hilfe nur dort gewährt werden sollte, wo es um besonders "schwere" Probleme geht. Mir geht es eher um Folgendes: - Wenn es nicht nutzt oder sogar schadet, bestimmte Schwierigkeiten als "Krankheiten" zu verstehen und zu bezeichnen, sondern eher vielleicht sogar schadet, dann besteht aus meiner Sicht auch keine Notwendigkeit dazu. - Es sollte nur dort von bestimmten psychologischen Problemen behauptet werden, dass allein die Angehörigen ganz bestimmte Berufsgruppen in der Lage seien, bei ihnen sinnvoll zu helfen, wo dies zumindest plausibel ist (plausibel natürlich aus der Sicht von jemandem, der die relevante Psychotherapieforschung gut kennt). Existiert hingegen kein vernünftiger Grund für eine solche Behauptung, oder ist sie nach Studienlage sogar falsch, dann sollte eine entsprechende Behauptung auch nicht aufgestellt werden. Derzeit gelten ja womöglich schon bis zu 45% der Menschen als psychisch krank, und irgendwann sind es dann vielleicht auch 50 oder 60%. Daraus schlusszufolgern, dass nur einige wenige Leute in der Lage wären, 45, 50 oder 60% der Menschen bei deren jeweiligen Problemen psychologisch zu unterstützen, würde die Grenzen des Vernünftigen wohl etwas strapazieren. (Falls tatsächlich richtig ist, dass psychiatrische Diagnosen invalide sind – also im Grunde nur eine mehr oder weniger Etikettierung von Symptomen – so gilt diese Kritik natürlich erst recht.)
    Hallo zusammen, kürzlich habe ich die Behauptung einer Heilpraktikerin gelesen, dass die Ausübung der Hypnose, selbst wenn sie beispielsweise nur der Raucherentwöhnung diene, "medizinische, neurobiologische und psychologische Kenntnisse sowie therapeutische Erfahrung" voraussetze. Daher könnten nur Ärzte, Psychologen und Heilpraktiker die Hypnose sachgemäß einsetzen. In der Sache halte diese Position für abstrus und habe mich bereits in der Vergangenheit zu ihr geäußert, weshalb ich hier nicht näher auf sie eingehen werde. (Siehe bei Interesse: https:// hypnoseinfos.wordpress.com/2015/07/27/wer-soll-hypnotisieren-ein-paar-anmerkungen-zu-einem-blog-artikel/ Leerzeichen bitte bei allen Links entfernen) Das Witzige daran ist nun, dass die Heilpraktikern sich auf einen Psychologie-Professor beruft, für den sie höchstwahrscheinlich selbst nur ein "Laie mit Heilberechtigung" wäre; denn besagter Professor hält nur Ärzte, Zahnärzte und Psychologen für kompetent genug, um hypnotisieren zu können. Diese "hierarchische Schichtung" ist doch irgendwie amüsant: Wer von denjenigen, die "höher" stehen als er selbst, verachtet wird, der/die kann immer noch auf denjenigen einen Tritt verpassen, die (vermeintlich) "unter" ihm/ihr sind. Besagter Professor aber hatte bei seiner Ablehnung der Laien nicht allein mit angeblichen Gefahren der Hypnose argumentiert, sondern auch behauptet, dass beispielsweise hinter Übergewicht und Nikotinabusus "oft" tieferliegende Probleme stünden, die der professionellen Bearbeitung (Erkennung und Behandlung) bedürften. Ich finde diese Argumentation sehr interessant. Bedenken wir in diesem Zusammenhang einmal, dass 12-Monats-Prävalenz (psychiatrischer Störungen nach Erhebungen derzeit bereits bei fast 40%. Das heißt im Klartext, dass 40% der Menschen innerhalb des letzten Jahres mindestens einmal, häufig aber mehrfach oder durchgehend "psychiatrisch krank" waren. Das ist aber nicht alles, denn bestimmte Probleme werden gar nicht erfasst - es wird geschätzt, dass ansonsten 42- 45% der Leute als "psychisch gestört" gelten würden. [url]http://www[/url]. heise.de/tp/artikel/38/38115/1.html Diese Entwicklung sieht keineswegs jeder positiv. Der britische Psychiatrie-Professor Sami Timimi (S.197) etwa schreibt: [quote]Als Folge der Popularisierung der DSM-ICD-Diagnosesysteme wird heute allgemein behauptet, dass ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung an psychischen Störungen leide, was zu einer beträchtlichen wirtschaftlichen Belastung führt, und dass sich daraus die Notwendigkeit der Investition in verbesserte Erkennungs- und Behandlungsprozeduren dieser Störungen ergäben. In verschiedenen Studien in industrialisierten Nationen waren allerdings nur ein Drittel der (nach DSM-/ICD-Kriterien) als psychisch Gestörte diagnostizierten Personen an professioneller Hilfe interessiert bzw. nahmen diese in Anspruch...Zahlreiche Kampagnen wurden geführt, um Diagnose- und Behandlungszahlen zu erhöhen. In Großbritannien zum Beispiel führten das Royal College of Psychiatrists und das Royal College of General Practitioners in den frühen neunziger Jahren die Aktion »Defeat Depression« durch (Paykel u. Priest, 1992), die beabsichtigte, die öffentliche Wahrnehmung von Depression zu stärken, Stigmatisierung zu verringern, Allgemeinärzte in der Erkennung und Behandlung von Depressionen zu schulen und den Zugang zu Beratung und Unterstützung durch Spezialisten zu erleichtern. Unglücklicherweise zeigte die Evaluation der Behandlungs- und Aufklärungsrichtlinien, die aus der Kampagne hervorgegangen waren, nicht die gewünschten signifikanten Verbesserungen..., dafür aber andere Effekte wie ein schneller Anstieg von Verschreibungen von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (»Antidepressiva«) und verstärkte vorschnelle Medikamentierung von unglücklichen und belasteten Personen. Wie erwähnt, fördert die medikamentengestützte Behandlung psychischer Belastungen im Sinne einer »Krankheit wie andere Krankheiten auch« Stigmatisierung, anstatt sie abzubauen. Anders als in anderen Bereichen des Gesundheitssystems ist es um die psychische Gesundheit in den Ländern am schlechtesten bestellt, die die aufwendigsten Fürsorgesysteme haben. Erst in den letzten Jahren sind in diesen Gesellschaften »Epidemien« psychiatrischer Diagnosen (z.B. ADHS, Autismus, Depression, bipolare Störungen) aufgetreten und bekannt geworden. Während es dafür komplexe politische, gesellschaftliche und kulturelle Gründe gibt, basieren sie teilweise auf neuen Vorstellungen von Persönlichkeit, Menschsein, dem Ursprung psychischer Belastung etc. und sind somit zumindest auch das Ergebnis der Schaffung, Verbreitung und der Akzeptanz psychiatrischer Diagnosen. [/quote][url]http://www[/url]. systemagazin.de/bibliothek/texte/Timimi-No-More-Psychiatric-Labels.pdf
    Das DSM (herausgegeben von der [i]American Psychatric Association[/i] (APA)) und das Kapitel V der ICD (herausgegeben von der WHO) legen praktisch weltweit fest, was als psychiatrische Diagnose gilt und was nicht. Das DSM wird mitunter sogar als "Bibel" der Psychiater bezeichnet. Auch rechtlich sind diese Systeme relevant (in Deutschland gilt offiziell die ICD), wenn es etwa um die Frage geht, ob ein bestimmtes Problem als "psychische Störung" gilt. (ICD = International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems; [i]zu Deutsch[/i]: Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. DSM = Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders; [i]zu Deutsch[/i]: Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen.) Es gibt jedoch große und grundsätzliche Probleme mit diesen Systemen, die teilweise sogar von prominenten Experten formuliert werden. Eine Kritik, auf die ich hier hinweisen möchte, stammt von Sami Timimi, einem britischen Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie (Text unten verlinkt). Zu den Kritikpunkten von Timimi und/oder anderen Fachleuten gehört unter anderem: 1. Valide Diagnosen sollten natürlich bestehende Kategorien abbilden. Dies tun sie im Fall der Psychiatrie aber wohl nicht. So gibt es für keine einzige Diagnose einen biologischen Marker. Des Weiteren spricht die Tatsache, dass sehr viele Patienten mehrere Diagnosen bekommen, gegen die Spezifizität solcher Diagnosen. Timimi: [i]"Die weite Verbreitung von Komorbidität (die Vergabe mehrerer Diagnosen, um die Probleme des Patienten zu beschreiben) deutet auf grundlegende Defizite unseres Verständnisses der natürlichen Abgrenzung selbst der schwerwiegendsten psychiatrischen Diagnosen hin."[/i] Andere Autoren bemängeln, dass viele Leute irgendwie "zwischen" mehrere Diagnosen fielen, dass die Kriterien für das Stellen von Diagnosen teilweise redundant seien (in anderen Worten wird das bereits Gesagte wiederholt), und dass die Störungsbilder teilweise so definiert seien, dass zwei oder mehr Leute, die kein einziges Symptom teilen, doch unter ein und dieselbe Diagnose fielen. 2. Die Diagnosen der ICD (Kap. V) und des DSM berücksichtigten die Schwere der durch die diagnostizierte Störung verursachten Beeinträchtigung nicht angemessen. Manche Leute, die die Kriterien für eine bestimmte Diagnose nicht erfüllen, leiden weniger als andere, die sie durchaus erfüllen. 3. Diagnosen seien stigmatisierend und würden, wie Untersuchungen zeigten, dem Selbstbild und auch dem Krankheitsverlauf der Betroffenen oft eher schaden als und nutzen. In vielen nicht-westlichen Kulturen ohne moderne Psychiatrie seien übrigens die Aussichten auf Besserung und sogar volle Genesung bei denjenigen, die unter einer (durchaus auch schweren) psychischen Störung leiden, größer als in der westlichen Welt. 4. Für den Erfolg einer Therapie sei es nicht bedeutsam, im Hinblick auf eine Diagnose das "richtige" Verfahren zu wählen. Vielmehr habe die Psychotherapieforschung gezeigt, dass es auf andere ganz andere Aspekte (etwa die therapeutische Beziehung) ankomme. Psychotherapeutisch betrachtet seien Diagnose-Systeme wie DSM und ICD (Kap. V) nutzlos. 5. Infolge immer neuer Störungsbilder (die per Abstimmung festgelegt werden) und der immer weiter gefassten Definitionen bereits etablierter Diagnosen gilt heute ein Großteil der Bevölkerung als "krank" im psychiatrischen Sinne. In Europa etwa sind nach Datenlage ca. 40% der Leute mindestens einmal pro Jahr "psychisch gestört". Bei solchen Erhebungen werden allerdings nur die wichtigsten Diagnosen berücksichtigt; "in Wahrheit" würde der Prozentsatz also noch höher liegen. Kritiker sehen diese Entwicklung sehr skeptisch und argumentieren, dass solche Zahlen deswegen zustande kämen, weil bestimmte Akteure (wie die Pharmaindustrie) an einer möglichst großen Anzahl von Psychiatrie-Patienten ein Interesse hätten. Timimi fordert eine Abschaffung der Diagnosesysteme DSM und ICD (Kap. V). Selbst wenn man diese Forderung nicht unterschreiben will: Wenn seine Argumentation (und die von anderen) berechtigt ist und man ihr folgt, würde das bedeuten, dass Diagnose-Systeme vielleicht noch für eine gewisse Verständigung von Klinikern untereinander sinnvoll sein mögen (soweit sie reliabel sind!), dass ihnen darüber hinaus jedoch keine große Bedeutung zukommen sollte. Tamimis Text ist für alle, die am Thema interessiert sind, zweifellos lohnend: [url]http://www[/url]. systemagazin.de/bibliothek/texte/Timimi-No-More-Psychiatric-Labels.pdf (Bitte Leerzeichen entfernen)
    Habe es jetzt mal in drei Teilen gepostet - so ging es dann: [url='http://www.hypnoseausbildungscenter.de/thread/4579-ist-hypnose-tats%C3%A4chlich-gef%C3%A4hrlich/']Ist Hypnose tatsächlich gefährlich?[/url]
    [b]Teil 3[/b] [b]Psychologische Hilfe durch Laien[/b] "Laien" seien hier definiert als Personen ohne größere psychologische oder psychiatrische Ausbildung. Das hypnotische "Coaching" durch "Laien" wurde nie systematisch untersucht. Wohl aber existiert eine ganze Reihe von Studien zu der Frage, wie psychologische Hilfe durch "Laien" im Allgemeinen einzuschätzen ist. (Solche Untersuchungen könnten in Deutschland aufgrund der Rechtslage, nach der nur die Mitglieder bestimmter Berufsgruppen Psychotherapie ausüben dürfen, zumindest zum Teil nicht stattfinden.) Die Ergebnisse sind interessant und lassen sich so zusammenfassen, dass die Laien so effektiv waren wie die Professionellen. Dies galt sogar für Laien mit (bestenfalls) sehr wenig Training (höchstens einige Stunden); und es galt für viele Probleme - darunter auch ernstere, wie sie beispielsweise in psychiatrischen Kliniken behandelt werden. Diese Resultate sind so bemerkenswert, dass ein Autor (Murray) kommentierte: [i]"Die Reaktionen auf solch provokative und kontraintuitive Aussagen [wie die, dass die Länge des Trainings wenig mit der Effektivität der Therapie zu tun hat] bestanden oftmals in Überraschung, Unglaube und Hohn, oder einer völligen Verwerfung als etwas, was nicht einmal einer Erwägung wert ist; und dies trotz der Veröffentlichung unzähliger Artikel und Studien über den Zeitraum der letzten 40 Jahre, häufig durch Forschungspsychologen selber."[/i] Diese Ergebnisse sprechen zugleich gegen eine besondere "Gefährlichkeit" der "Laientherapie". Psychotherapie geht bei einigen Patienten mit negativen Effekten einhergeht. Daher hätte es das positive Gesamtergebnis die "Laien" herunterziehen müssen, wenn die "Laien" wesentlich mehr Probleme verursacht hätten als die professionellen Therapeuten. Es sind ein paar einschränkende Hinweise angebracht: Es scheint einiges dafür zu sprechen sein, dass die längere Ausbildung sich zumindest bei den schwereren Fällen auszahlt; und es könnte sein, dass das gute Abschneiden der "Laien" (die teilweise sogar besser waren als die Profis) auch mit einem besonderen Enthusiasmus des Beginners zu tun hat, und in dieser Ausprägung vielleicht nicht dauerhaft auftreten würde. Zudem müsste das Thema insgesamt eigentlich gründlicher untersucht werden, usw. Dennoch scheint eines klar zu sein: Soweit die Erkenntnisse der Psychotherapieforschung reichen, legen sie nachdrücklich nahe, dass ein "normaler" Coach Menschen in effektiver und sicherer Weise psychologisch unterstützen kann. Und wenn wir die schon genannten Ergebnisse der Hypnoseforschung hinzunehmen, nach denen Hypnose an sich sehr gut verträglich ist, scheint alles dafür zu sprechen, dass diese Ergebnisse auch für Coaches, die mit Hypnose arbeiten, gelten dürften. (Nebenbei gesagt entspricht es ja so auch der allgemeinen Erfahrung.) [b]Abschließende Bemerkungen [/b] Natürlich kann man dennoch irgendwelche theoretischen oder einzelfallbezogenen Argumente gegen die Hypnose, die durch bestimmte Leute ausgeübt wird, finden. Das ist immer möglich, egal wo und gegen wen. Mit "Wissenschaft" hat das dann aber wenig zu tun - eher schon mit berufspolitischen Interessen. Leider bestehen sehr starke berufspolitische Interessen daran, die Hypnose als ein "gefährliches Verfahren" darzustellen, denn allein so lassen sich "Exklusivbesitzansprüche" auf die Hypnose begründen. Das ist wohl auch der hauptsächliche Grund dafür, dass die Erkenntnisse der Hypnose- und Psychotherapieforschung, obwohl sie durchaus aussagekräftig sind, (jedenfalls in Deutschland) offenbar kaum jemanden interessieren. Stattdessen werden die teilweise abenteuerlichsten intellektuellen Klimmzüge unternommen, nur um die Hypnose doch noch als eine ziemlich riskante Sache darstellen zu können. Damit tut man der Hypnose allerdings einen schlechten Dienst. Es muss so in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, dass Hypnose ein relativ "abständiges" Phänomen ist, das mit "normaler" menschlicher Interaktion (einschließlich "normaler" Entspannungsverfahren) eher wenig zu tun hat. Leider haben es Sachargumente – mögen sie noch so gut sein – bekanntlich sehr schwer gegen Eigeninteressen. Allerdings ist es fraglich, ob es wirklich im langfristigen Interesse von irgendjemandem sein kann, der Öffentlichkeit einen in ganz wesentlichen Punkten grundlegend falschen Eindruck über die Hypnose zu vermitteln. Solange jedoch diese starken Machtansprüche zur Hypnose bestehen, wird sich wohl auch nichts daran ändern, dass die Hypnose falsch dargestellt und als "gefährlich" hingestellt wird - selbst wenn noch zehn weitere Studien durchgeführt würden, die die gute Verträglichkeit der Hypnose wissenschaftlich überzeugend beweisen. Dennoch halte ich es für wichtig, auf die relevanten Erkenntnisse aufmerksam zu machen, auch wenn das nur in einem kleinen Rahmen gelingen mag. (Vielleicht darf ich an dieser Stelle auch noch auf einen Artikel hinweisen, den ich zu diesem Thema verfasst habe; er ist allerdings etwas länger: https:// hypnoseinfos.wordpress.com/2015/07/27/wer-soll-hypnotisieren-ein-paar-anmerkungen-zu-einem-blog-artikel/ Der Link wird durch das Entfernen des Leerzeichens aktiv.)
    [b]Teil 2[/b] [b]Wie groß sind die mit der Hypnose verbundenen Risiken? [/b] Zu dieser Frage gibt es eine Reihe systematischer Untersuchungen. Kurz zusammengefasst lauten die Ergebnisse, dass nicht mehr negative Effekte bei der Hypnose auftreten als bei anderen psychologischen Experimenten, beim Dasitzen in einem abgedunkelten Raum mit geschlossenen Augen für einen Zeitraum von einigen Minuten, bei einem einfachen Experiment zur Körperwahrnehmung, oder bei alltäglichen Aktivitäten. (Typische Negativ-Reaktionen sind so etwas wie Kopfweh, Müdigkeit oder ein steifer Nacken). Insgesamt kann Hypnose somit als sehr gut verträglich gelten. (Man bedenke, dass in der Hypnoseforschung unzählige Personen, über deren psychische Gesundheit nichts bekannt ist, hypnotisiert und auf Phänomene wie z.B. Halluzinationen, Bewegungsblockaden, Amnesie und posthypnotisches Verhalten getestet werden. Dennoch spricht auch die allgemeine Erfahrung dafür, dass die Hypnoseforschung sehr gut verträglich ist.) Interessanterweise existiert auch kein statistischer Zusammenhang zwischen negativen Erlebnissen der Empfänglichkeit für Hypnose. Anders gesagt: Diejenigen, die besonders gut auf Hypnose reagieren, berichten nicht über mehr negative Effekte als diejenigen, die fast gar nicht reagieren. Dies spricht dafür, dass die ungünstigen Erfahrungen, die manche Probanden machen, nicht auf die Hypnose "an sich" zurückgehen. Es gibt auch eine Studie, die speziell den Zusammenhang der Hypnose mit ernsteren psychologischen Problemen ins Visiert genommen hat. Ihre Autoren (Faw, Sellers und Wilcox) kommen zum Ergebnis, dass die Hypnose nicht nur keine schädlichen, sondern sogar [i]günstige[/i] Auswirkungen hat: [i]“Die negativen Effekte der Hypnose werden durch die in diesem Experiment gesammelten Daten widerlegt. Keine schädlichen Wirkungen wurden nach der Induktion der Hypnose festgestellt. Die als präpsychotisch betrachteten Personen erlitten keine nachteiligen Auswirkungen psychologischer Art im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Im Gegenteil wurden günstige Effekte festgestellt. Ziemlich durchgängig zeigten die hypnotisierten Gruppen einen größeren Rückgang von Verhaltensproblemen, als er zu erwarten gewesen wäre. Dieses Muster der Verbesserung bestand für normale Personen genauso wie für solche, die bis zu einem so hohen Grade desorganisiert waren, dass ein psychotischer Zusammenbruch drohte, oder dass suizidale Tendenzen bemerkt wurden.”[/i] Es wurden auch kontrollierte Experimente zur Altersregression durchgeführt, und ihr Ergebnis ist, dass negative Erlebnisse während einer hypnotischen Altersregression nicht häufiger vorkommen, als wenn "wache" Personen gebeten werden, sich an ihre Kindheit zu erinnern. Ein bekannter Hypnoseforscher (G. Wagstaff) kommentiert dies so: [i]"Ihre Befunde [die von jenen Forschern, die diese Untersuchungen durchgeführt haben] unterstützen nicht die Auffassung, dass hypnotische Altersregression gefährlich ist; in der Tat sprechen die Resultate bezogen auf den Fall des einfachen Sich-Erinnerns an Ereignisse aus der Kindheit für das Gegenteil […]. Damit soll selbstredend nicht abgestritten werden, dass Abreaktionen ab und zu während hypnotischer Altersregressionen in therapeutischen Situationen auftreten können, aber die Beweislage (soweit sie reicht) bietet uns keinen Grund zur Annahme, dass die hypnotische Altersregression mit irgendeiner höheren Wahrscheinlichkeit zu Abreaktionen führt als eine Vielzahl anderer Situationen, die Menschen an ihre Vergangenheit erinnern mögen." [/i] Therapeutische Hypnose ist zwar offenbar mit gravierenderen Problemen verbunden als experimentelle Hypnose, aber es lässt sich überzeugend dafür argumentieren, dass es keine anderen oder größeren Komplikationen sind als bei anderen Formen der Psychotherapie auch. Bei Therapien kommt es immer mal wieder zu negativen Reaktionen; dies gilt ganz allgemein und unabhängig von der Hypnose. Die Showhypnose wird zwar oft als besonders gefährlich dargestellt, aber hier kommt es natürlich darauf an, was man als Beweis akzeptiert. Wichtige ausländische Autoren stellen Fragen wie die, wie häufig oder selten Probleme bei der Bühnenhypnose auftreten, wenn berücksichtigt wird, dass insgesamt sehr viele Personen an der Showhypnose teilnehmen; ob manche derjenigen, die negativ auf die Bühnenhypnose reagieren, vielleicht bereits davor psychologische Probleme hatten oder sich unwohl fühlten; und ob bei der Showhypnose mehr negative Erlebnisse festzustellen sind als bei anderen Formen der Freizeitunterhaltung. Systematische Untersuchungen fehlen; aber eine britische Expertenkommission, deren Mitglieder eine besondere Erfahrung mit der Bewertung von Gefahren für die psychische Gesundheit hatten, kamen zu dem Schluss, dass alles dafür spricht, dass Bühnenhypnose nicht mit mehr negativen Effekten einhergeht als viele andere akzeptierte Freizeitaktivitäten auch (und teilweise sogar ungefährlicher ist); allerdings, so die Experten weiter, sollten einige grundlegende Sicherheitsmaßnahmen beachtet werden. Bei deutschen Autoren hingegen sieht die Diskussion über die Bühnenhypnose für gewöhnlich etwas unkomplizierter aus und geht im Grunde so: "(typischerweise so etwas wie Kopfweh, Müdigkeit oder ein steifer Nacken)Es gibt Personen, die negative Erlebnisse bei der Showhypnose haben, also ist Showhypnose gefährlich." Zusammengefasst legen die ausgeführten Befunde nahe, dass die Hypnose nicht mit größeren Gefahren verbunden ist als das Setting, in dem sie eingesetzt wird (z.B. experimentelles, therapeutisches und Show-Setting), und dass Probleme bei der Hypnose, soweit sie auftreten, keine Folge der Hypnose "als solcher" sind. Es ist insofern eigentlich keine sachliche Grundlage für die Behauptung, dass Hypnose besonders gefährlich sei, erkennbar. Zudem könnte man auch darauf hinweisen, dass die Hypnose zahlreichen "normalen" Entspannungs- und Imaginationsverfahren, die allgemein als gut verträglich gelten, sehr ähnlich ist, und dass es sehr große Überschneidungen gibt (wenn überhaupt "prinzipielle" Unterschiede existieren). Diese Aussage lässt sich überzeugend belegen, und sie gilt selbst für sehr einfache und oft angewandte "imaginative" und Entspannungsverfahren. (Dabei sollte auch beachtet werden, dass imaginative und ähnliche Verfahren ihrerseits wieder in einem Kontinuum zu "normaler" Kommunikation stehen, mit ziemlich fließenden Grenzen. Beispielsweise ist es kaum möglich, eine klare Trennlinie zwischen einer "Fantasiereise" und einer "Geschichte" zu ziehen, die ganz besonders geeignet ist, die Vorstellungskraft und Fantasie ihrer Zuhörer anzuregen).
    Vorbemerkung: Da der Text aufgrund seiner Länge nicht akzeptiert wird, splitte ich ihn in drei Teile auf. [b]Teil 1[/b] Hallo zusammen, man wird immer wieder mit Äußerungen derart konfrontiert, dass Hypnose ziemlich "gefährlich" für die menschliche Psyche sei, es sei denn vielleicht in ganz bestimmten, besonders qualifizierten Händen. Alleinbesitzansprüche auf die Hypnose haben eine so lange wie unerfreuliche Tradition. So war beispielsweise der Psychologe Clark L. Hull, der als der eigentliche Begründer der Hypnoseforschung gelten kann, gezwungen, seine Forschungen (um 1930 herum) aufzugeben, da einige Ärzte damals meinten, dass Hypnose sehr gefährlich sei und bei Psychologen nichts zu suchen habe. Inzwischen heißt es häufig, dass allein Ärzte, Zahnärzte und Psychologen die Hypnose sicher ausüben könnten, wobei nicht klar ist, welche Kriterien einer solchen Behauptung zugrunde liegen (beispielsweise verfügen Psychologen in aller Regel nicht über gründliche zahnmedizinische Kenntnisse - die auch kaum mit der Sicherheit der Hypnose zu tun haben dürften -, während umgekehrt Zahnärzte gewöhnlich keine intensive psychiatrisch-psychotherapeutische Ausbildung erhalten haben). Allerdings werden die vermeintlichen "Gefahren der Hypnose" nicht nur von einigen Klinikern, sondern auch von anderen Anwendern. Manche werden sich noch gut an ein gewisses Forum erinnern, wo Leute, die gerade frisch ein WE-Seminar zur Hypnose mitgemacht hatten, gerne über all jene schimpften, die das nicht (noch) nicht getan hatten - von wegen wie unglaublich verantwortungslos es sei, da auch nur an die Hypnose zu denken, und dass die gar nicht wüssten, "was sie alles anrichten" könnten usw. (Damit sei selbstredend nichts gegen ein gutes Wochenend-Seminar gesagt! Nur muss die Werbung ja nicht in übertriebener Angstmache bestehen...) Kürzlich durfte ich einen Artikel eines Psychologischen Psychotherapeuten lesen, der nahelegt, dass eigentlich nur Leute wie Psychotherapeuten und Psychiater in der Lage sind, die Hypnose "seriös" anzuwenden, und zwar egal zu welchen Zwecken (wobei ich stark annehme, dass betreffender Psychologe auch nichts gegen die Hypnose durch Ärzte und Zahnärzte einzuwenden hätte). All diesen genannten Äußerungen oder Ansprüchen ist eines gemeinsam: Es handelt sich bei ihnen entweder um reine Behauptungen, die überhaupt nicht weiter begründet und einfach "autoritativ" in den Raum gesetzt werden. Oder, sofern doch einmal eine Begründung erfolgt, ist diese extrem schwach, hochgradig spekulativ, methodisch wertlos und genügt nicht den Ansprüchen, die man an rationale Argumente stellen sollte. Insbesondere wird eigentlich nie Bezug genommen auf das, was die Hypnoseforschung (oder auch die Psychotherapieforschung) mithilfe von systematischen Studien herausgefunden haben. Der Artikel des erwähnten Psychologischen Psychotherapeuten ist für mich Anlass, ein paar Dinge auszuführen. Vorweg: Selbstredend sollte jeder, der hypnotisiert, einige grundlegende Kenntnisse besitzen, einige Prinzipien beachten, und respektvoll und sensibel mit den Hypnotisierten umgehen. Und natürlich gilt die klassische Aussage des Hypnoseexperten Martin Orne, dass (unabhängig von eventuellen juristischen Gesichtspunkten) eine Person nur qualifiziert ist, mithilfe von Hypnose solche Probleme zu behandeln, die sie auch ohne Hypnose kompetent behandeln könnte. Dies spricht ebenfalls gegen eine besondere "Gefährlichkeit" der Hypnose, und außerdem auch ganz grundsätzlich dafür, dass "Besitzansprüche" auf die Hypnose ohnehin unsinnig sind.
    Ich wollte es in "Einsteiger-Themen" (oder wie die Rubrik genau auch heißt) posten. Ich habe es mehrfach versucht und glaube nicht, dass ich versehentlich etwas mitgepostet habe. Ich könnte den Beitrag natürlich noch weiter "splitten", aber optimal wäre das wohl nicht.
    Hallo Hypnofan, das sind sehr gute Fragen bzw. Überlegungen. [i]"Der Widerspruch liegt doch im Folgendem: Einmal wird Hypnose als absolut natürlicher Vorgang angesehen und propagiert und dann wird sie gleichzeitig bei bestimmten Personengruppen gewarnt oder für bedenklich angesehen. Wo ist hier die Logik?"[/i] Das ist ein ganz kritischer Punkt. Eine Antwort ist nach meinem Dafürhalten die: Viele (nicht alle) Hypnotiseure neigen generell zu einer gewissen Widersprüchlichkeit, wenn es um Hypnose und Trance geht. Nach meinem Dafürhalten hat das damit zu tun, dass man mit dem Konzept "Trance" zu viel erklären möchte. Man will alles, was an der Hypnose "ungewöhnlich" ist, auf die Trance zurückführen. Trance ist aber natürlich. Also geht das nicht. So entsteht dann ein "doppelter" Trance- bzw. Hypnosebegriff: Einerseits wird Trance als völlig natürlich angesehen, andererseits aber eben doch nicht. So zumindest vermute ich es. [i]"Habe mir für mich schon lange eine Theorie zurechtgelegt, die selbstverständlich auch falsch sein kann. Wahrscheinlich liegt eine Ursache bei der Meinung von Hypnotherapeuten, die Hypnose einseitig als [u]Therapie[/u] deklarieren und vor sog. Laien schützen wollen. Miraculus hat ja einen ähnlichen Gedanken angedeutet."[/i] Nein, da hast Du völlig recht. Das ist ganz eindeutig wenigstens [i]eine[/i] Ursache. Ganz klar denken (bei Weitem) nicht alle Kliniker so, aber doch manche; und zwar insbesondere wohl auch viele berufspolitisch Engagierte. [i]"Eine [u]andere[/u] Ursache könnte aber auch sein, dass diese (scheinbaren) Unverträglichkeiten speziell für die Showhypnose deklariert wurden."[/i] Es wird zwar auch allgemein deklariert, aber natürlich gerne auch "mit speziellem Bezug zur Bühnenhypnose".
    Hallo Lichte Kraft, es geht leider nicht. Immer erscheint eine Meldung, dass nur 10.000 Zeichen akzeptiert würden. Zeichen wohlgemerkt, nicht Wörter. Daraufhin habe ich versucht, den Beitrag in zwei Hälften a je ca. 1000 Wörter zu splitten - das wurde aber auch nicht akzeptiert. Es kam genau dieselbe Fehlermeldung. Mein Beitrag ist ziemlich lange....SOOOO extrem lange dann aber auch wieder nicht. ;)
    Hallo Verena, spontan denke ich da noch an das Thema "Selbsthypnose". Oder dass die Hypnose dabei helfen kann, unangenehme medizinische Prozeuren besser ertäglich zu machen. Falls Du das nicht schon "auf dem Schirm" hast. Eventuell würde es sich auch anbieten, an einem geeigneten Teilnehmer, der besonders gut auf die Hypnose reagiert, beispielsweise hypnotische Analgesie/Anästhesie zu demonstrieren. Natürlich mit einer sicheren und angemessenen Methode, um Schmerz hervorzurufen. Und nur wenn das in diesem Rahmen angebracht und realisierbar ist.
    Der folgende Artikel stammt zwar von Focus Online, das nicht gerade als die Lokomotive des Qualitätsjournalismus gilt (1*), ist aber dennoch interessant. Es geht darum, wie Prominente die Hypnose nutzen. Wenn man man die "Soll-angeblich"-Sätze weglässt und sich auf die "Ist"-Sätze beschränkt, dann denke ich schon, dass das wohl einigermaßen stimmen wird. Hier der Artikel (Leerzeichen immer entfernen): http://www. focus.de/gesundheit/experten/kim_fleckenstein/schluss-mit-drogen-selbstzweifeln-und-hungerattacken-hollywood-im-hypnose-hype_id_4841201.html (1*) Für Leute mit Humor: http://www. stefan-niggemeier.de/blog/21122/sie-haben-bisher-immer-das-falsche-online-angebot-gelesen/ Oder auch: http://www. stefan-niggemeier.de/blog/20705/profitieren-sie-von-der-geballten-wissenskompetenz-von-focus-online/
    Hallo zusammen, bei Personen, die an einer Psychose leiden, ist für den Hypnotiseur zweifellos größte Vorsicht geboten. In Deutschland dürfen ohnehin nur Ärzte und Psychotherapeuten psychotische Störungen behandeln. Und auch bzgl. nicht-therapeutische Formen der Hypnose ist sicherlich Zurückhaltung angebracht, schon aus Gründen des Selbstschutzes. Dies ausdrücklich vorausgeschickt habe ich aber das Gefühl, dass hier in Deutschland doch etwas übertrieben wird, wenn oft betont wird, wie gefährlich die Hypnose angeblich für psychotische oder psychosegefährdete Personen sei. Die Gründe, die für die angebliche Schädlichkeit der Hypnose bei Schizophrenie angeführt werden, sind ziemlich schwach. Es wird dazu auf seltene Einzelfälle verwiesen, bei denen eine mit Hypnose behandelte Person psychotisch wurde, ohne dass jedoch überzeugend gezeigt worden wäre, dass die Hypnose wesentlich zu dieser ungünstigen Entwicklung beigetragen hätte. Und es werden sehr spekulative Argumente vorgebracht, die jedoch leicht zu erschüttern sind. Um die Gefährlichkeit der Hypnose für psychotische Personen zu belegen, bedürfte es systematischer kontrollierter Studien, die einen negativen Effekt zeigen. Solche Studien mit negativem Ergebnis existieren jedoch nicht. Im Gegenteil: Für die Cochrane Collaboration haben A. Izquierdo de Santiago und M. Khan die verfügbaren kontrollierten Studien, in denen hospitalisierte Schizophrene mithilfe von Hypnose behandelt wurden, gesichtet. Sie kommen dabei zum Ergebnis, dass diese Studien zwar schlecht gemacht und veraltet sind, dass sie aber im Zweifelsfall darauf hindeuten, dass Hypnose wenigstens verträglich ist und eventuell sogar nützlich sein könnte. Für einen Kurz-Überblick siehe: http://www. cochrane.org/CD004160/SCHIZ_hypnosis-for-schizophrenia (Bitte Leerzeichen entfernen) Und die offenbar einzige kontrollierte Studie, die die Wirkung von Hypnose (u.a.) auf Personen, die als "präpsychotisch" eingestuft wurden, untersuchte, geht in die gleiche Richtung. Ihre Autoren Faw, Sellers und Wilcox fassen die Ergebnisse wie folgt zusammen: [i]"Die negativen Effekte der Hypnose werden durch die in diesem Experiment gesammelten Daten widerlegt. Keine schädlichen Wirkungen wurden nach der Induktion der Hypnose festgestellt. Die als präpsychotisch betrachteten Personen erlitten keine nachteiligen Auswirkungen psychologischer Art im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Im Gegenteil wurden günstige Effekte festgestellt. Ziemlich durchgängig zeigten die hypnotisierten Gruppen einen größeren Rückgang von Verhaltensproblemen, als er zu erwarten gewesen wäre. Dieses Muster der Verbesserung bestand für normale Personen genauso wie für solche, die bis zu einem so hohen Grade desorganisiert waren, dass ein psychotischer Zusammenbruch drohte, oder dass suizidale Tendenzen bemerkt wurden."[/i] Die Verträglichkeit der Hypnose wird auch von führenden Hypnose-Experten bezeugt. Bereits in einem 1972 veröffentlichten Text hatte Jacob Conn festgestellt: [i]"Ich habe diese Sache [die Frage, ob die Hypnose psychotische Zusammenbrüche auslösen kann] mit einer Reihe von Klinikern diskutiert, darunter Erickson, Wolberg und Kline. Alle haben darin übereingestimmt, dass sich der psychotische Prozess langsam über einen Zeitraum von Jahren entwickelt, und dass er nicht durch eine oder mehrere hypnotische Erfahrungen ‘ausgelöst’ [precipitated] wird."[/i] Daran hat sich auch in der Zwischenzeit nichts geändert. Baker, Husley und Glenn veröffentlichten 1990 eine Umfrage, die zeigt, dass die meisten Hypnotherapeuten Hypnose auch bei Schizophrenie- und/oder Borderline-Patienten einsetzen; und gerade die in der Behandlung solcher Störungen und in der Hypnose geschulten Kliniker schätzen den Einsatz der Hypnotherapie in solchen Fällen. Auch heutzutage werden immer wieder in führenden Fachzeitschriften Artikel veröffentlicht, in denen ermutigende Fallschilderungen auftauchen, wie Personen mit psychotischer Störung erfolgreich mit Hypnose behandelt wurden. Tatsächlich könnte man mit guten Gründen fragen, ob nicht vielmehr der hochdosierte und lange anhaltende Einsatz von Neuroleptika mehr Bedenken hervorrufen sollte als die Hypnose. Warum wird in Deutschland dann oft - wenn auch nicht immer - betont, wie sehr psychotische oder psychosenahe Störungen angeblich Kontraindikationen für jede Form der Hypnose seien? Nun, ich werde den Verdacht nicht los, dass das insbesondere auch berufspolitische Gründe hat - dass man auf diese Weise die angebliche große potentielle Gefährlichkeit der Hypnose plausibel machen will. Sehr interessant ist übrigens auch ein online verfügbarer Beitrag von J. Murray-Jobsis, auf den hier noch für Interessierte hingewiesen sei. Murray-Jobsis, die sich intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat, kommt zum Schluss, dass Hypnotherapie bei der Behandlung von Schizophrenie und schweren Persönlichkeitsstörungen sinnvoll eingesetzt werden kann. Die Vorsichtsmaßnahmen, die sie erwähnt, entsprechen im Wesentlichen dem, was allgemein bei der Psychotherapie entsprechender Störungen zu beachten ist. Sie schreibt: [i]"Die Mehrheit der experimentellen Forschungsstudien und klinischen Berichte heutzutage unterstützen die Schlussfolgerung, dass Patienten mit Psychose und Persönlichkeitsstörungen hypnotische Fähigkeiten besitzen und diese Fähigkeiten produktiv und sicher einsetzen können."[/i] Hier geht es zum Text: http:// empresa.rediris.es/pub/bscw.cgi/d4522498/Murray-Personality_psychotic_disorders.pdf (Leerzeichen bitte entfernen)
    Hi Garry, immer doch, gerne! :) Deswegen habe ich meine frage auch sehr allgemein gehalten und in Klammern hinzugefügt: "was imme rihr unter 'Tiefe' versteht'". Du hast nämlich ganz recht: Verschiedene Leute verstehen ganz verschiedene Dinge unter "Tiefe". Was verstehst Du darunter? Misst Du ihr Bedeutung bei und testest Du sie? .
    Hallo zusammen, folgende Fragen hätte ich an die Runde: 1. Haltet ihr es bei einer Hypnose im Kontext von Beratung, Coaching oder Therapie für sinnvoll, die „Tiefe“ der Hypnose zu testen (was immer ihr auch unter "Tiefe" versteht? 2. Wenn ja, warum? (Ein möglicher Grund wäre, dass man Leute, die nicht so gut auf Hypnose ansprechen, aussondert, aber kaum ein Praktiker wird dies tun; auch Personen, die keine „dramatischen“ hypnotischen Reaktionen zeigen, können sehr von einer Hypnose-Behandlung profitieren.) 3. Wenn ihr testet, dann wie? 4. Passt ihr Eure Vorgehensweise der "Tiefe" der Hypnose an – oder anders gefragt: wählt ihr andere Strategien je nachdem, ob jemand tief, mittel oder leicht hypnotisiert ist? LG Miraculus
    Hier noch ein Text, der vielleicht interessanter und auch besser lesbar ist. Es geht um die Frage, ob es sinnvoll ist, die hypnotische Suggestibilität vor einer Hypnose-Behandlung zu testen. Man muss den Autoren nicht in allem zustimmen (mache ich auch nicht), aber vielleicht enthält der Artikel doch für den einen oder anderen eine interessante Information oder eien nützlichen Hinweis. http://www. asch.net/portals/0/journallibrary/articles/ajch-44/lynn1.pdf (Leerzeichen entfernen).