Dave Elman und seine berühmte Induktion

  • Hallo alle zusammen, Die folgenden Ausführungen sollen auf keinen Fall den Anspruch der Vollständigkeit erheben, noch etwa den Charakter einer Hypnoseanleitung erfüllen. Möchte auf Anitas Frage hin etwas über die Grundlagen dieser berühmten Induktion nach Dave Elman und ihren Erfinder schreiben. Dave Elman (1900-1967), geboren in North Dokota, war ein US-amerikanischer Hypnotiseur. Elman arbeitete zeitweilig als Musiker, Songschreiber, Showhypnotiseur und dann als Entertainer und Moderator in einer Radiosendung. Seine ersten Erfahrungen mit der Hypnose sammlte er bei seinem Vater, der in seinem Gemischtwarenladen Showhypnosen als Hobby durchführte. Später bildete Dave Elman Ärzte und Zahnärzte in großer Zahl in Hypnose aus. Er war als Seiteneinsteiger in der Hypnose nicht ganz so bekannt wie etwa M.Erickson, aber gerade Erickson [u]soll[/u] sogar einmal gesagt haben: "Ich wünschte ich könnte das, was Elman kann." Die von ihm entwickelte Einleitung ist wahrscheinlich die strukturierteste, konzentrierteste effektivste und durchdachteste Induktion, um einen Probanden in relativ kurzer Zeit bis in das tiefste Hypnosestadium (Somnambulismus) zu bekommen. Manche rechnen sie auch zu den Schnellmethoden. Er begründete sie auf folgenden Vorannahmen, womit er gleich im Vorgespräch seine Probanden auf die kommende Hypnose konditionierte und vorbereitete: 1.)[u]Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose[/u] Ein unwahrscheinlich wichtiger (und für viele auch verblüffender) Satz, um die Eigenverantwortlichkeit des Probanden herauszustellen. Ok, heutzutage ist die Allgemeingültigkeit dieses Satzes zumindest für tiefere Trancezustände umstritten und manche bezeichnen ihn als glatten Unsinn. 2.)[u] Wer hypnotisiert werden will und einen angenehmen Trancezustand erleben möchte, muss (Verhaltens-)anweisungen befolgen[/u] Damit reiht er sich bewusst in die Reihe der direkt-direktiven Hypnotiseure ein, im Gegensatz zur Arbeitsweise eines späten Erickson, der eine permissive (um Erlaubnis bittende) und indirekte Vorgehensweise bevorzugte. Es wäre natürlich falsch zwischen beiden Ansichten einen Unterschied in ihrer Wirksamkeit oder Qualität konstruieren zu wollen. Sie haben beide ihre Berechtigung. Die eigentliche Induktion läuft dann nach dem Schema Tiefes Atmen/Schließen der Augen---Entspannen der Augen---Ausdehnung der Entspannung auf den ganzen Körper---Öffnen und Schließen der Augen---Test der körperliche Entspannung---Geistige Entspannung--- ab. Nebenbei werden für den Probanden unbemerkt Tests (Convincer) und verschiedene Vertiefungen (Deepener) eingestreut. Der Proband arbeitet die ganze Zeit aktiv mit und wird nicht etwa "in eine Trance geredet" oder gar "eingeschläfert". Dabei werden auch raffiniert hypnotische Sprachmuster wie u.a.doppelte Verneinung, Doppelbindungen und direkte Verhaltensanweisungen eingesetzt. Damit eignet sich diese Einleitung auch sehr gut für sog. Kontrollfreaks. Allerdings und dies ist meine rein persönliche Ansicht,eignet diese Einleitung sich weniger für Hypnoseanfänger, zumindest sollte man sie, wie Garry schon geschrieben hat, selbst gesehen haben. Es ist für einen Anfänger schwierig, wie er reagieren soll, wenn "zwischendurch", d.h. wärend der Hypnoseeinleitung der Proband nicht so reagiert, wie er eigentlich "soll". Durch die hohe Komplexität dieser Einleitung wird dann vom Hypnotiseur viel Flexibilität verlangt. Hier ein Beispiel für eine Demonstration einer derartigen Einleitung während eines Seminars: Man muss allerdings sagen, dass dies eine etwas verkürzte und modifizierte Version der Dave-Elman-Induktion darstellt (es gibt mittlererweise mehrere Varianten). Gut ist an der Körpersprache und an der Sprechweise der Seminarteinehmerin der ständig fortschreitende Trancezustand zu erkennen. So, das sollen erst einmal einige Grundlagen gewesen sein. Vielleicht schreiben einmal einige Forumteilnehmer, wie sie mit dieser Einleitung klarkommen und ob und welche Schwierigkeiten sie Anfang überwinden mussten. Ich persönlich wende sie relativ selten an und dann in einer etwas abgewandelten Form. So hat eben Jeder seine Lieblingseinleitungen. ;) Mit freundlichen Grüßen hypnofan
  • Hallo @all, am Wandertag der FAHD und auf unserer Tagung in Leipzig führt Heinz oder ich die Dave Elman vor. Wir zeigen auch gerne verschiedene Varianten. Also wer interesse hat dabei zu sein, sagt Bescheid. @Steffen, ein sehr schöner Beitrag herzlichen Dank dafür! Das Video habe ich raus genommen... LG Garry
  • War am 20/21.04.2012 beim Dave Elman Seminar in Zürich. Es war eine super Erfahrung und Cheryl und Larry Elman waren genial. [attach=65]DaveElmanSeminar_kl.JPG[/attach] Wirklich tolle Veranstaltung, mit vielen Hintergrundinformationen rund um Dave Elman. Und von wem könnte man diese Informationen direkter bekommen als von Dave Elman's Sohn Larry.
  • Hallo @all, nicht nur die Induktion ist gut, sondern auch viele andere Meinungen und Definitionen sind lesenswert und völlkommen nachvollziehbar. Ich habe eines seiner wenigen Bücher in Englisch gelesen und kann es nur empfehlen. LG Garry
  • @ Hypnofan: Hier noch eine Ergänzung zu Deinem interessanten und vielschichtigenBeitrag: [quote]1.)[u] Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose[/u] Ein unwahrscheinlich wichtiger (und für viele auch verblüffender) Satz, um die Eigenverantwortlichkeit des Probanden herauszustellen. Ok, heutzutage ist die Allgemeingültigkeit dieses Satzes zumindest für tiefere Trancezustände umstritten und einige Hypnotiseure bezeichnen ihn als glatten Unsinn.[/quote] Dzu lohnen sich auch einige Anmerkungen. Die erste wäre, dass es oft so dargestellt wird,als könne jemand nur dann schwierige Suggestionen erfolgreich umsetzen,wenn er in einem Zustand ist, in dem ihm jede Fähigkeit zum halbwegs normalen Denken und Handeln fehlt.Dies ist keineswegs richtig. Probanden können - auch bei einer formellen Hypnose - durchaus in einem recht normalen Zustand sein und auch ziemlich auf die schwierigsten Suggestionen reagieren, oder beobachten, wie die Suggestionen scheinbar von selbst Realität werden. Dies ist sogar eher der Regelfall. Zum anderen gibt es aber tatsächlich auch Trancezustände, bei denen Aktivität, Spontanität und Ich-Bewusstsein deutlich reduziert sind. Solche Zustände scheinen dann der tieferen Meditation zu entsprechen. Zentral für die Frage, ob jede Hypnose Selbsthypnose ist oder nicht, ist dies m.E. jedochnicht. Wichtiger ist etwas anderes: Die Psychologen gehen davon aus, dass die menschliche Psyche aus zahlreichen Kontrollsystemen besteht. Viele arbeiten unbewusst und automatisch, so dass es keiner (großen) Aufmerksamkeit bedarf, um sie zu benutzen. Dazu gehören etwa Fahrrad- oder Autofahren, wenn man es einmal gelernt hat; oder noch schlichter: Das Gehen. Es wäre ja schlimm, wenn wir bei jedem Schritt lange nachdenken müssten, wie wir den Fuss aufsetzen und abrollen! Daneben existieren "höhere" Systeme: Das höchchste wird als exekutives Kontrollsystem bezeichnet: Es ist wesentlich für Planung, abstarktes Denken, Unterdrücken von Gewohnheiten und willentlliche Verhaltenskontrolle verantwortlich. Dieses Modell, das uursprünglich auf den Hypnoseforscher Ernest Hilgard zurückgeht, ist inzwischen in der kognitiven Psychologie gut etabliert und wird auch durch die Hirnforschung gestützt. Warum erzähle ich das nun alles? Weil man herausgefunden hat, dass das Reagieren auf hypnotische Suggestionen - jedenfalls die meisten - genau diese hohe exekutive Kontrolle voraussetzt. Dies scheint beispielsweise für Halluzinationen oder Analgesie, aber auch viele andere Phänomene zu gelten. Das hat man auf verschiedene Art und Weise erkannt. Zum einen zeigt hypnotisches Verhalten - jedenfalls auf den zweiten Blick - oft ein hohes Maß an Planung und Intelligenz. Dann gibt es vdiverse indirekte Tests. Und schließlich haben wir neurophysiologische Untersuchungen, die dies bestätigen. In der Hypnose haben wir generell die etwas widersprüchliche Situation, dass hypnotisches Verhalten als unwillkürlich erscheint und [b]subjektibv[/b] so oft erlebt wird, dass aber gleichzeitig alles darauf hinweist, dass [b]objektiv [/b] das Verhalten zielgerichtet und willentlich ist, und nicht etwa "automatisch" imSinne der niederen Kontrollsysteme. Helen Crawford, eine Hypnoseforscherin, die viel neurophysiologische Arbeiten durchgeführt hat, sagt deshalb: [i]“Dissoziierte Kontrolle während der Hypnose, wie sie beispielsweise bei der hypnotischen Analgesie für Schmerzen beobachtet wird, setzt kognitive und aufmerksamkeitsbezogene Leistungen höherer Ordnung voraus, wovon Veränderungen der EEG-Theta-Wellen [...] und erhöhter Gehirnstoffwechsel in bildgebenden Verfahren [....] zeugen. Die fehlende Wahrnehmung von Kontrolle und die verminderte Selbstwahrnehmung [....] ändern nichts daran, dass dennoch Prozesse ablaufen, die höhere kognitive Verarbeitung und das exekutive Kontrollsystem involvieren.”[/i] Selbst dort, wo der Hypnotisierte sich scheinbar passiv verhält, hat das Wort von der Fremdhypnose, die auf Selbsthypnose basiert, alsoihre Berechtigung.