Stadien der Hypnose - einige Anmerkungen

  • Hallo zusammen, Begriffe wie die "Tiefe" der Hypnose werden oft in sehr verschienem Sinne verwendet. Was der eine Hypnotiseur damit meint, ist nicht unbedingt dasselbe, was der nächste mit exakt denselben Worten ausdürcken möchte. Auf diese Weise kommt es auch immer mal wieder zu Missverständnissen und fruchtlosen Diskussionen darüber, ob beispielsweise "tiefe tTance" für die therapeutische Hypnose nützlich sei oder nicht. Mit dem Begriff der "tiefen Trance" hängen nämlich verschiiedene Ideen zusammen, beispielsweise: - Hohe Suggestibilität - Deutliche Veränderungen des Bewusstseins und Erlebens (z.B. "gedankliche Stille", Gefühl der Körperlosigkeit usw.) - Oftmals auch tiefe Entspannung - Eventuell auch spontane Amnesie - Eine "trancetypische" Erscheinung (wie Lethargie, starrer Blick, verzögerte Reaktionen usw.) - Manchmal wird auch "stark eingeschränkte" Kritikfähigkeit genannt Die Wikipedia schreibt so beispielsweise zur "Tiefen trance": [i]"Dieser Zustand stellt sich als gesteigerte Tiefenentspannung mit gemildeter Kritikfähigkeit des Wachbewusstseins dar. Es könnten auch Suggestionen angenommen werden, die unlogisch und realitätsfremd scheinen, partielle Amnesie ist möglich, sogenannte Halluzinationen können erfolgreich suggeriert werden."[/i] http://de. wikipedia.org/wiki/Hypnotische_Trance#Stadien_der_Trance (Bitte Lernzeichen entfernen) Liest man diese und ähnliche Deifnitionen, so meint man, dass das alles strikt zusammengehört. Wer sehr suggestibel ist, der wäre demnach auch tief entspannt, hätte auch das subjektive Erleben "tiefer Trance", und der wirkte demnach auch tief hypnotisiert auf Beobachter, entwickele spontane Amnesie usw. Nun stimmt das ja aber so nicht. Zwar gibt es Zusammenhängen zwischen den aufgezählten Größen, aber die sind nicht strikt. Es gibt viele Ausnahmen. So kann es z.B. sein, dass jemand sehr gut auf Suggestionen reagiert, sich aber nicht besonders hypnotitisiert fühlt, oder dass jemand, der "hypnotisiert" aussieht, sich nicht hypnotisiert fühlt und vielleicht auch nicht besonders suggestibel ist, usw. Und wenn die Hypnotisierten nicht bereits glauben, dass Amnesie zur "tiefen Trance" gehört, zeigen selbst viele sehr suggestible Subjekte eben auch keine spontane Amnesie. Andersherum zeigen auch manche "Geringsuggestible" spontane hypnotische Amnesie. Zudem erklärt sich der (ohnehin nicht strikte) Zusammenhang von Größen wie Suggestibilität, trancehafter Erscheinung, Enstapnnung usw. natürlich auch über die Suggestion selbst. Bei der "typischen" Induktion und Vertiefung beispielsweise wird Entspannung, Ruhe und ev. sogar "Schlaf" suggeriert. Es verwundert nicht, dass die Probanden dann entspannt und lethargisch sind. Wird eine Hypnose hingegen über eine Wach-Induktion eingeleitet (z.B die Aktiv-Wach-Hypnose), dann zeigen die "Subjekte" keine Entspannung. Weiterhin kann man beispielsweise guten Probanden suggerieren, dass sie vollständig aus der klassischen Hypnose "erwachen" und sich fit fühlen, aber so gut wie bisher auf Suggestionen reagieren werden. Das tun sie dann auch, ohne, dass sie sich hypnotisiert fühlen oder so wirken würden. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Variablen der Tiefe scheint also großteils eine Folge expliziter und impliziter Suggestion zu sein, und nicht oder nur zum Teil eine Eigenschaft eines hypnotischen Stadium wie der "tiefen Trance" darzustellen. Aus diesen Gründen ist es m.E. nicht sinnvoll, wenn man von "tiefer Trance" spricht und dabei so tut, als handele es sich da um ein einheitliches und genau definiertes Phänomen. Der Begriff "tiefe Trance" wird aber leider oft in einer unklaren Weise gebraucht. So ist beispielsweise die Rede davon, dass ein Klient nicht gut auf Suggestionen reagiert habe, obwohl er "in tiefer Trance" gewesen sein. Auf welcher Grundlage fällt der Hypnotiseur dann aber sein Urteil über die "Tiefe"? Redet er davon, weil das subjektive Erleben des Klenten intensiv war? Weil er sehr lethargisch, ruhig und damit "tief hypnotisiert" gewirkt hat? Oder weil er eine Amnesie für Teile der Sitzung entwickelt hat? Der Hypnotiseur sagt es uns nicht. Aber all diese Eigenschaften sind verschieden, und sie erlauben nicht, auf einen einheitlichen Zustand zu schließen. Wenn jemand z.B. auf die Zuschauer tief hypnotisiert gewirkt hat, bedeutet das nicht notwendig, dass er sich auch so erlebt hat (oder umgekehrt). So, wie der Begriff "tiefe Trance" in der Praxis oft Verwendung findet, ist damit häufig wohl einfach gemeint, dass [i][b]irgendein[/b] [/i] potentielles Merkmal oder vielleicht auch mehrere bestehen. Damit die Rede von "tiefer Trance" überhaupt sinnvoll ist, bedarf es aber einer ungefähren Definition und einer Messmethode. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, dass man bei bei hoher Suggestibilität von "tiefer Trance" spricht. Eine andere, dass der Ausdruck eine bedeutende Veränderung des subjektiven Erlebens bezeichnen soll. Oder auch eine Kombinaton von beiden. Es wären auch andere Möglichkeiten denkbar wie z.B. eine Kombination von hoher Suggestibilität mit spontaner Amnesie. (Natürlich könnte man auch andere Systeme benutzen. Beispielsweise könnte man dann von "tiefer Trance" sprechen, wenn z.B. vfrei von fünf Punkten zutreffen, hohe Suggestibilität eingeschlossen.) Wichtig wäre aber, dass man sich einfach klarmacht, was man meint und was nicht, und dass man im Gespräch mit anderen Hypnotiseuren obacht gibt, damit nicht alle dieselben Worte gebrauchen, aber je etwas ganz anderes meinen. Wenn der Begriff "Tiefe" oder tiefe Trance" in einer Debatte verwendet wird, sollte also also eine begriffliche Klärung am Anfang stehen. Was man mit der "Tiefe" vielleicht auch meint, ist so etwas wie ein "Involviertsein" in den hypnotischen Prozess überhaupt. Da das aber schwer zu präzisieren ist, taugt es leider wenig für eine Definition, auch wenn die Idee intuitiv einleuchtet. Manchmal wird unter der "Tiefe" auch eine Reduktion des "kritischen Faktors" verstanden. Die Redewese ist m.E. aber etwas missverständlich. Vor allem kann man eine Reduktion des kritischen Faktors nicht unmittelbar beobachten. Beobachten kann man beispielsweise das Phänomen einer erhöhten Suggestibilität, und aus der dann eine verminderte Kritikfähigkeit abzuleiten versuchen. Es scheint mir aber sinnvoll zu sein, wenn man in eine Defintion von "Tiefe" möglichst wenig Theorie reinpackt und möglichst nah bei beobachtbaren Phänomenen wie der Reaktion auf Suggestionen bleibt. (Geht es dann um die [i]Eklärung[/i] solcher Phänomene, so mag mehr Theorie dazu kommen.) Mein Vorschlag für "Tiefe" wäre, dass man dabei wirklich vor allem an die Suggestibilität denkt, denn das scheint die häufigste Begrisffs-Verwendung zu sein. Wichtiger ist aber das Bewusstsein dafür, dass hinter Begriffen wie "Tiefe" und "tiefe Trance" sprachliche Unklarheiten lauern, die man ausräumen muss, bevor man sinnvolle Aussagen über "Tiefe" und "tiefe Trance" machen oder gar über diese Phänomene diskutieren kann. LG Miraculus