Empfundene Tiefe

  • Hallo zusammen, unter "Tiefe" wird in der Hypnose traditionell oft einfach dasselbe wie unter hypnotischer Suggestibilität verstanden. Tatsächlich läßt sich neben der Suggestibilität auch das subjektive Empfinden betrachten, als wie "tief hypnotisiert" jemand sich selbst einschätzt. [u]Zusammenhang zwischen Tiefe und Suggestibilität[/u] Suggestibilität und subjektiv empfundene Tiefe hängen statistisch mittel bis hoch zusammen: Wer sich selbst als "tief hypnotisiert" erlebt, ist wahrscheinlich auch recht suggestibel, und umgekehrt. Diese Korrelation gilt auch für einzelne Zeitpunkte innerhalb einer Hypnose-Sitzung: Wenn jemand vor einer bestimmten Suggestion befragt wird, wie tief hypnotisiert er nun gerade ist, dann läßt seine Antwort Rückschlüsse auf den Erfolg der nächsten Test-Suggestion zu. Nun könnte es natürlich so sein, daß allein die Erwartung diesen Effekt vermittelt: Wenn jemand sich tief hypnotisiert fühlt, ERWARTET er, auch auf die nächste Suggestion gut zu reagieren, und DESHALB ist er dann auch suggestibler. Doch das stimmt nicht völlig: Selbst wenn die Erwartung statistisch rausgerechnet wird, bleibt immer noch ein Zusammenhang zwischen subjektiv gefühlter Tiefe und Suggestibilität bestehen. Wie dieser Zusammenhang ursächlich genau beschaffen ist, bleibt unklar. Wenn man beispielsweise einer Person, die sich als tief hypnotisiert empfindet, suggeriert, daß sie vollständig aus der Hypnose kommt, aber suggestibel bleibt, so hat diese Anweisung in der Regel Erfolg. Außerdem wurden die ganannten Messungen im Rahmen traditioneller klassischer Hypnose-Sitzungen gemacht, bei denen suggeriert wird, daß der Proband immer tiefer in Hypnose sinken solle. Vielleicht ist es also so: Wenn dem Probanden direkt oder indirekt vermittelt wird, daß er möglichst "tief" hypnotisiert sein soll, dann gibt es einen Zusammenhang zwischen Suggestibilität und Tiefe, andernfalls nicht. [u]Verlauf der Tiefenkurve[/u] Bei einer längeren experimentellen Hypnose-Sitzung schwankt die empfundene Tiefe üblicherweise. Typisch ist, daß der Proband - gemessen an seiner Empfindung - am Anfang relativ "tief" hypnotisiert ist, daß die tiefe zur Mitte der Sitzung dann abnimmt, und gegen Ende wieder zunimmt. Piesbergen und Peter haben eine Untersuchung durchgeührt, bei der sie auch die Tiefe im Sinne von Selbsteinschätzung gemessen haben. http:// epub.ub.uni-muenchen.de/11270/1/hypart10.pdf Auf S. 8 findet sich eine gut anschauliche graphische Darstellung der durchschnittlichen Trancetiefe bei ihrer Messung über 10 Items(Hypnose-Tests). Angangs nimmt die Tiefe u (von Item 1 bis Item 3), um dann bis auf einen Ausrutscher ständig abzufallen. Am Ende ist die Tiefe geringer als am Anfang. Man kann sich die Frage stellen, warum in ihrer Grafik die Tiefe nicht abnimmt, um dann gegen Ende der Sitzung wieder zuzunehmen, so wie in anderen Untersuchungen, sondern nach kurzem Anstieg nahezu kontinuierlich sinkt. Leider ist es oft so, daß verschiedene Untersuchungen verschiedene Ergebnisse haben, die mit verschiedenen Parametern wie Probanden, benutzte Skale, etc. zusmammenhängen. Meistens wird außerdem mit einer 12-Item-Test gearbeitet, während Piesbergern und Peter eine 10-Item.Skala verwenden. Ganz am Ende steigt auch bei ihrem Test die Suggestibilität wieder; ob das aber nur ein Ausrutscher ist oder die Kurve nach Item 9 kontinuierlich ansteigen würde, läßt sich nicht sagen. [u]Messung der Tiefe[/u] Die früheen Skalen vermengten Suggestibilität, Entspannung und empfundene Tiefe (z.B. Davis-Husband., LeCron-Bordeaux]. Später wurrden dann jedoch getrennte Skalen konstruiert. Bei der Einschätzung der Tiefe gibt es verschiedene Möglichkeiten: Oft soll jemand eine Zahl auf einer geschlossenen oder offenen Skale nennen. Beispielsweise würde die 0 bedeuten, daß jemand absolut wach ist, und die 20, daß er extrem tief hypnotisiert ist. Dabei existieren verschiedene Varianten. Das Problem mit der Selbsteinschätzung ist, daß allein die vom Hypnotiseur herangetragene Erwartung einen Einfluß auf das Empfinden und die Interpreation des Empfindens durch den Hypnotisierten haben kann. Außerdem hat es natürlich auch immer wieder einen einen Einfluß auf die Selbsteinschätzung, ob jemand viele Tests positiv bestanden hat oder nicht. Das macht solche Tests nicht wertlos, mindert jedoch ihre Aussagekraft. Eines ist wichtig: Auch wenn ein STATISTISCHER Zusammenhang von Tiefe und Suggestibilität existiert, kann es im EINZELFALL erhebliche Abweichungen geben. Jemand mag sich selbst als sehr tief hypnotisiert erleben, und dennoch nur wenig auf Suggestionen reagieren; ein anderer erlebt sich überhaupt nicht oder kaum als hypnotisiert, reagiert aber hervorragend auf Hypnosetests. LG Miraculus
  • Hallo Miraculus, ein sehr interessanter Bericht. Ich möchte mal aus der praktischen Erfahrung heraus antworten. Hierbei gehe ich weniger auf experimente Anderer Kollegen ein, sondern auf die Erfahrungen die ich damit gemacht habe und wie ich diese Dinge sehe. [quote]unter "Tiefe" wird in der Hypnose traditionell oft einfach dasselbe wie unter hypnotischer Suggestibilität verstanden.[/quote] Nein, das ist meiner Meinung nach ein Irrglaube. Ich hatte schon klienten, die in verschiedenen Suggestibilitätstests schlecht abgeschnitten hatten, aber ganz leicht in eine tiefe Trance gegangen sind. Bei weiteren Tests in Trance dann wesentlich besser abschnitten. Dies ging sogar bis hin zu schwierigen Tests. [quote]Tatsächlich läßt sich neben der Suggestibilität auch das subjektive Empfinden betrachten, als wie "tief hypnotisiert" jemand sich selbst einschätzt.[/quote] Diese Selbsteinschätzung ist in der ersten Sitzung nicht wirklich aussagekräftig, da es keinen bewussten Erfahrungswert gibt. [quote]Suggestibilität und subjektiv empfundene Tiefe hängen statistisch mittel bis hoch zusammen: Wer sich selbst als "tief hypnotisiert" erlebt, ist wahrscheinlich auch recht suggestibel, und umgekehrt. Diese Korrelation gilt auch für einzelne Zeitpunkte innerhalb einer Hypnose-Sitzung: Wenn jemand vor einer bestimmten Suggestion befragt wird, wie tief hypnotisiert er nun gerade ist, dann läßt seine Antwort Rückschlüsse auf den Erfolg der nächsten Test-Suggestion zu. [/quote] Bei den meisten meiner Klienten in der Ersthypnose ist eine Befragung nach der Tiefe nicht aufschlussreich. Die meisten Antworten nach der Tiefe sind "weiß nicht" oder so ähnlich. Dennoch werden auch "schwierige Phänome" angenommen und ausgeführt. [quote] Wie dieser Zusammenhang ursächlich genau beschaffen ist, bleibt unklar. Wenn man beispielsweise einer Person, die sich als tief hypnotisiert empfindet, suggeriert, daß sie vollständig aus der Hypnose kommt, aber suggestibel bleibt, so hat diese Anweisung in der Regel Erfolg. [/quote] Das ist vollkommen logisch - bis auf wenige Ausnahmen. [quote]Vielleicht ist es also so: Wenn dem Probanden direkt oder indirekt vermittelt wird, daß er möglichst "tief" hypnotisiert sein soll, dann gibt es einen Zusammenhang zwischen Suggestibilität und Tiefe, andernfalls nicht. [/quote] Ich sage ihm doch nicht, dass er tief rein soll - er tuts aber... ich glaube hier gibt es keinen Zusammenhang. Anders jedoch in der Regression, da sage ich das schon mal. Dies aber nur dann, wenn bei einer vorherigen Sitzung die tiefe nicht erreicht wurde. Hier sind aber andere Gründe ausschlaggebend. [quote]Bei einer längeren experimentellen Hypnose-Sitzung schwankt die empfundene Tiefe üblicherweise. Typisch ist, daß der Proband - gemessen an seiner Empfindung - am Anfang relativ "tief" hypnotisiert ist, daß die tiefe zur Mitte der Sitzung dann abnimmt, und gegen Ende wieder zunimmt. Piesbergen und Peter haben eine Untersuchung durchgeührt, bei der sie auch die Tiefe im Sinne von Selbsteinschätzung gemessen haben. http:// epub.ub.uni-muenchen.de/11270/1/hypart10.pdf Auf S. 8 findet sich eine gut anschauliche graphische Darstellung der durchschnittlichen Trancetiefe bei ihrer Messung über 10 Items(Hypnose-Tests). Angangs nimmt die Tiefe u (von Item 1 bis Item 3), um dann bis auf einen Ausrutscher ständig abzufallen. Am Ende ist die Tiefe geringer als am Anfang. [/quote] Nun das glaube ich nicht wirklich. Natürlich kann dies passieren und dafür kann es auch ganz banale Gründe geben [quote]Eines ist wichtig: Auch wenn ein STATISTISCHER Zusammenhang von Tiefe und Suggestibilität existiert, kann es im EINZELFALL erhebliche Abweichungen geben. Jemand mag sich selbst als sehr tief hypnotisiert erleben, und dennoch nur wenig auf Suggestionen reagieren; ein anderer erlebt sich überhaupt nicht oder kaum als hypnotisiert, reagiert aber hervorragend auf Hypnosetests. [/quote] Das kann ich so bestätigen. Aus meiner Erfahrung gibt es einen Unterschied zwischen Suggestibilität und Hypnotisierbarkeit. LG Garry
  • Danke für die interessante Antwort, die zur weiteren Erhellung beiträgt! [quote='Garry Moon','http://www.hypnoseausbildungscenter.de/index.php?thread/&postID=2559#post2559'] [quote]unter "Tiefe" wird in der Hypnose traditionell oft einfach dasselbe wie unter hypnotischer Suggestibilität verstanden.[/quote] Nein, das ist meiner Meinung nach ein Irrglaube. Ich hatte schon klienten, die in verschiedenen Suggestibilitätstests schlecht abgeschnitten hatten, aber ganz leicht in eine tiefe Trance gegangen sind. Bei weiteren Tests in Trance dann wesentlich besser abschnitten. Dies ging sogar bis hin zu schwierigen Tests.[/quote] Ich habe es vllt etwas ungeschickt ausgedrückt und formuliere es um: Viele Hypnotiseure setzen Tiefe und Suggestibilität gleich (was ich nicht verteidigen will). [quote] Bei den meisten meiner Klienten in der Ersthypnose ist eine Befragung nach der Tiefe nicht aufschlussreich. Die meisten Antworten nach der Tiefe sind "weiß nicht" oder so ähnlich. Dennoch werden auch "schwierige Phänome" angenommen und ausgeführt.[/quote] Das glaube ich ohne Weiteres, und es entspricht auch meiner Erfahrung. Ich habe es auch etwas vereinfacht formuliert: Man sollte vielleicht eher sagen: Wenn kemand sich selbst als relativ tief hypnotisiertist einschätzt, die Wahrscheinlichkeit größer, daß er auch gut auf Suggestionen reagiert - im Schnitt. Aber genau diese teilweise Schwierigkeiten, seinen Zustand und seine Tiefe einzuschätzen sind für sehr viele Probanden typisch! [quote] Ich sage ihm doch nicht, dass er tief rein soll - er tuts aber... ich glaube hier gibt es keinen Zusammenhang. Anders jedoch in der Regression, da sage ich das schon mal. Dies aber nur dann, wenn bei einer vorherigen Sitzung die tiefe nicht erreicht wurde. Hier sind aber andere Gründe ausschlaggebend. [/quote] Wenn Du suggerierst"immer tiefer und tiefer", geht das dann nicht in diese Richtung? :) Ich denke, daß schon die Situation an sich eine Metasuggestion enthält, ebenfalls das Vorgespräch. Ich denke auch, daß die meisten leute von sich aus denken, das "gute" Subjekt sei tief hypnotisiert, und daher bewußt oder unbewußt bestrebt sind, "tief" einzutauchen. [quote] Nun das glaube ich nicht wirklich. Natürlich kann dies passieren und dafür kann es auch ganz banale Gründe geben[/quote] Kannst Du das etwas genauer ausführen, an was Du denkst? [quote] sag mal weißt du die 10 Items die gemacht wurden und in welcher Reihenfolge?[/quote] Es handelt sich um Tests aus einer relativ einfachen Hypnose-Skala. Ich mache dazu aber noch einen kleinen Extra-Thread auf, in dem ich alle urspünglichen 12 Items beschreibe (Piesbergen und Peter haben zwei weggelassen). Ist das so okay?
  • Hallo Miraculus, [quote]Wenn Du suggerierst"immer tiefer und tiefer", geht das dann nicht in diese Richtung? Ich denke, daß schon die Situation an sich eine Metasuggestion enthält, ebenfalls das Vorgespräch. Ich denke auch, daß die meisten leute von sich aus denken, das "gute" Subjekt sei tief hypnotisiert, und daher bewußt oder unbewußt bestrebt sind, "tief" einzutauchen.[/quote] Ja das stimmt, ich dachte nur im Kontext des Vorgesprächs...das war ein Missverständnis;) Ups wo sind die Items? das wollte ich näher erklären... LG Garry
  • [quote='Garry Moon','http://www.hypnoseausbildungscenter.de/index.php?thread/&postID=2562#post2562'] Ja das stimmt, ich dachte nur im Kontext des Vorgesprächs...das war ein Missverständnis;) Ups wo sind die Items? das wollte ich näher erklären... LG Garry[/quote] Voila: Es ist die erste der beiden Skalen, die ich hier beschrieben habe http://www.hypnoseausbildungscenter.de/forum/13-fragen-und-diskussionen-rund-um-hypnose-fuer-einsteiger/2563-hypnoseskalen Genau genommen haben Piesberger und Peter zwei Items weggelassen, nämlich Nr. 5 und Nr. 7, Fingerkatalepsie und automatische Bewegung der Hände zueinander, weil sie an dem Arm Messungen durchführen wollten. Ich habe die Skale mit allen Original 12 Items aufgelistet.