Hypnose in verschiedenen Kontexten

  • Hallo zusammen, Hypnose kann ja in diversen Kontexten eingesetzt werden, insbesondere a) in der experimentellen Hypnose, b) in der klinischen (und beratenden) Hypnose und c) bei der Show. Dies sind jedenfalls die wichtigsten Felder. Da die Schwerpunkte und die Art der Hypnose sich je nach Anwendungsgebiet stark unterscheiden können, halte ich es für sinnvoll, ein paar Worte dazu aufzuschreiben. Dieser Artikel soll einige Gemeinsamkeiten und Differenzen benennen. [b]a) Die experimentelle Hypnose (wie sie in den Psychologie-Labors betrieben wird).[/b] Innerhalb dieser Form der Hypnose spielt die hypnotische Empfänglichkeit/Suggestibilität eine zentrale Rolle. Das hat auch seinen Sinn, denn viele Phänomene, die die Hypnose "wissenschaftlich" interessant machen, lassen sich am besten bei "hochsuggestiblen" Probanden beobachten. Die Versuchspersonen werden dabei gewöhnlich nicht trainiert, sondern selektiert: Mithilfe von Suggestibilitätsskalen wie der HGSHS:A und der SHSS:C werden diejenigen ausgewählt, die besonders gut auf hypnotische Suggestionen reagieren. Hypnotische Phänomene, die oft getestet werden, wären z.B. unwillkürliche Bewegungen, Bewegungsblockaden, Halluzinationen, Regression, Amnesie, posthypnotisches Verhalten usw. Der Vergleichbarkeit wegen ist das Vorgehen ziemlich standardisiert. Die "typische" Induktionsmethode ist hier die klassische Fixationsmethode. Alle möglichen und unmöglichen Phänomene rund um die Hypnose werden untersucht, durch die technische Entwicklung zunehmend auch mithilfe neurophysiologischer Messungen. Eine spontane hypnotische Amnesie tritt relativ selten auf, nach Untersuchungen von Hilgard und Cooper etwa bei 7%. [i]Dies gilt auch für "gute" Subjekte, die viele und schwierige hypnotische Phänomene erleben, also diejenigen, die dem Bild der klassischen "tief hypnotisierten" Person entsprechen.[/i] Verschiedene Untersuchungen sprechen deutlich dafür, dass die experimentelle Hypnose nicht mehr unangenehme Effekte nach sich ziehen als andere psychologische Experimente oder alltägliche Aktivitäten. [b]b) Die klinische (inkl. helfende und beratende) Hypnose[/b] Die Erfordernisse unterscheiden sich hier grundlegend von der experimentellen Hypnose. Der Zusammenhang zwischen Therapieerfolg und hypnotischer Suggestibilität ist nur moderat, und vor allem können auch Personen, die im Sinne der üblichen Skalen kaum auf Hypnose reagieren, durchaus sehr viel von Hypnotherapie profitieren. Auch wenn einige Hypnoseforscher immer wieder darüber klagen, dass die meisten Kliniker nicht im Vorfeld der Therapie die hypnotische Suggestibilität messen, so scheint eine solche ausführliche Messung relativ überflüssig zu sein. Dass auch "geringsuggestible" Patienten bei der Hypnotherapie sehr erfolgreich auf klinische Hypnose ansprechen können, wird manchmal damit begründet, dass die Suggestionen, auf die sie reagieren müssen, recht einfach sind (Entspannung und Imagination). Aber selbst Personen, die sich nicht einmal entspannen können, scheinen manchmal erstaunlich intensiv auf die Therapie anzusprechen. Welche Faktoren genau relevant sind, ist nicht genauer erforscht, aber ohne Zweifel spielt auch der Rapport eine wichtige Rolle. Und selbst die [i]Bezeichnung[/i] Hypnose trägt mit zum Erfolg bei. Das Vorgehen bei der klinischen Hypnose ist gewöhnlich stark individualisiert und wird (hoffentlich) dem jeweiligen Patienten/Klienten angepasst. Anders als bei der experimentellen Hypnose bemisst sich der "Erfolg" hier nicht danach, auf wieviele (Test)suggestionen der Klient reagiert, sondern danach, ob ihm die Behandlung hilft. Gerade infolge der Ericksonschen Hypnose wird ein einseitig autoritäres und rein direktes Vorgehen oft durch ein permissiveres, indirekteres und oft auch informelleres Vorgehen ergänzt. Die spontane Amnesierate scheint insgesamt höher als bei der experimentellen Hypnose zu sein, ist jedoch geringer als bei der Showhypnose. Zudem erstreckt sich die Amnesie womöglich primär auf Inhalte, deren Vergessen therapeutisch sinnvoll ist. Es gibt keine Belege dafür, dass die Hypnotherapie mit mehr oder qualitativ schwerwiegenderen Komplikationen einherginge als andere Formen der Therapie. Die Ergebnisse von Studien deuten daraufhin, dass Hypnotherapie eine effektive Behandlungsform sein kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei entsprechenden Untersuchungen oft vor allem sehr einfache und rein suggestive Therapien zur Verfügung stehen. Selbst unter diesen Umständen scheint Hypnotherapie noch einigermaßen wirkungsvoll zu sein, aber man darf annehmen, dass komplexere und modernere Interventionen effektiver sind. Die bedeutenden Unterschiede in den Ergebnissen von Studien haben eben auch damit zu tun, dass teilweise völlig verschiedene Methoden unter dem Namen "Hypnose" firmieren. [b]c) Die Showhypnose[/b] Über diese Anwendung der Hypnose soll hier mehr als über die anderen gesagt werden, da sie von vielen besonders wenig verstanden ist. Bei ihr spielt wiederum die hypnotische Suggestibilität eine größere Rolle. Es wird zwar oft gesagt, dass es sich hier gar nicht um Hypnose handele; tatsächlich aber gibt es sogar Untersuchungen, die beweisen, dass gewöhnlich Hypnose vorliegt. Die meisten Probanden erleben die meisten hypnotischen Effekte. Allerdings ist auch hier die Erfolgsrate nicht bei 100%, gerade bei den schwierigen Phänomenen nicht. Nicht alle, die ein Phänomen darstellen, erleben es in jedem Fall auch subjektiv. Die hypnotische Suggestibilität der Teilnehmer ist allerdings insgesamt recht hoch (überdurchschnittlich). Ein wichtige Fähigkeit von Probanden bei der Bühnenhypnosee ist aber nicht nur und vielleicht nicht einmal primär die Suggestibilität, sondern auch die Fähigkeit, die suggerierten Effekte überzeugend [i]darzustellen[/i]. Denn zu den Metasuggestionen der Showhypnose gehört natürlich, dass das Publikum unterhalten werden soll. Deswegen reagieren Patienten in der klinischen Hypnose selbst dann oft anders auf Suggestionen als die Leute bei der Showhypnose, [i]wenn sie die suggerierten Phänomene gleichermaßen erleben[/i]. Ein Beispiel (nach Heap) wäre, dass die Teilnehmer auf der Bühne bei der Suggestion, dass sie auf Pferden reiten, wild auf und abspringen auf ihren Stühlen, mit den Hacken gegen die Stuhlbeine schlagen usw. Ein Patient in der klinischen Hypnose wird hingegen leicht mit dem Körper wippen, auch wenn er den virtuellen Ritt intensiv erlebt. Der Hypnotisierte ist in der Lage, bewusst oder unterbewusst die Situation, in der er sich befindet, zu erfassen, und angemessen auf sie zu reagieren. Der Grund dafür, dass die Teilnehmer bei der Showhypnose auch alberne Dinge machen, liegt wesentlich darin, dass genau dies von ihnen erwartet und gewünscht wird. Indem sie sie Bühne betreten, erklären sie sich implizit damit einverstanden, bei der Show mitzumachen. Wenn sie sich dann "seltsam" verhalten, ist das in diesem ganz speziellen Kontext nicht peinlich, sondern sozial akzeptiert und sogar sozial erwünscht. Wenn die Subjekte auf der Bühne eine gute Vorstellung geben, wird dies mit Applaus bedacht. "Peinlich" wäre es hier eher, wenn die Probanden [i]nicht[/i] mitmachen würden. Bei der Showhypnose spielen insbesondere auch starke Erwartung, sozialer Druck durch das Auditorium und die Gruppendynamik (andere Mit-Probanden) eine Rolle, so dass die die Darbietung und vermutlich auch das Erleben der suggerierten Effekte verstärkt werden. Daraus, dass die Teilnehmer bei der Showhypnose Effekte oft dramatisch umsetzen und häufig eine spontane Amnesie erleben, wird häufig der Schluss gezogen, dass sie viel "tiefer" hypnotisiert wären als die Klienten in der klinischen Hypnose. In dieser Allgemeinheit ist dieser Schluss jedoch unrichtig (s.o.). Die Rate der spontanen posthypnotischen Amnesie bei der Showhypnose ist besonders hoch, deutlich höher als bei der experimentellen und klinischen Hypnose. Nach einer Untersuchung von Crawford und Kollegen liegt die Amnesie bei 30% direkt nach der Show und immer noch etwa 20% einige Zeit später. Die vorgebrachte Erklärung lautet manchmal, dass die Erlebnisse auf der Bühne dermaßen unangenehm seien, dass die Amnesie eine Schutzfunktion darstelle. Diese Erklärung dürfte aber bestenfalls auf eine Minderheit der Fälle zutreffen. Die hohe Amnesierate ist schwer zu erklären, aber mein "Verdacht" geht dahin, dass sie damit zu tun hat, dass die Zeit auf der Bühne als eine besondere Phase der "Diskontinuität" wahrgenommen wird, anders als im Fall von experimenteller und klinischer Hypnose. Da der Showhypnotiseur seine Versuchspersonen nicht im Vorfeld kennt, "alberne" Dinge verlangt, ein erheblicher sozialer Druck besteht und da er nur mäßig individuell auf sie eingehen kann, gilt die Showhypnose als eine der problematischsten Anwendungen der Hypnose. Immer wieder gibt es Berichte von verstörenden und negativen Erlebnissen im Zusammenhang mit unsensiblen Bühnenhypnotiseuren, deren Vorgehen zumindest in früheren Zeiten teilweise offenbar ans Kriminelle grenzte. Schwerwiegende negative Reaktionen scheinen allerdings selten zu sein, und durch das Beachten einiger grundlegender ethischer und technischer Prinzipien lassen Komplikationen sich deutlich reduzieren. Die meisten Probanden machen vorwiegend positive Erfahrungen; einige wenige machen gemischte oder überwiegend negative Erfahrungen. Das Wohlbefinden der Probanden im Vergleich vor und nach der Show ist gewöhnlich kaum verändert (und wenn tendenziell eher positiv). Eine unabhängige Expertenkommission kam zum Schluss, dass die allermeisten Probanden die Bühnenhypnose positiv erleben und dass sie eine geringere Gefährdung für die Gesundheit der Teilnehmer darstellt als andere Formen von freizeitvergnügen, etwa Sport. [i]Die Experten mahnten allerdings die Einhaltung professioneller Standards durch die Bühnenhypnotiseure zur Minimierung von Risiken an.[/i] Es wird oft behauptet, dass die Showhypnose das Ansehen der Hypnose insgesamt schädige. Solche Behauptungen müssen jedoch in dieser pauschalen Form als [i]nicht belegt[/i] betrachtet werden. Die zur Verfügung stehenden Studien weisen im Gegenteil eher darauf hin, dass die Zuschauer solcher Shows zwar auch unrichtige Vorstellungen über Hypnose entwickeln, jedoch insgesamt der Hypnose danach eher positiver gegenüberstehen und sich beispielsweise auch eine Behandlung mit Hypnotherapie eher vorstellen können. Wer die ganze Sache noch "wissenschaftlicher" will, also mit Belegen und Literaturverzeichnis, den darf ich hierhin verweisen: http:// hypnoseinfos.wordpress.com/2013/06/12/verschiedene-kontexte-in-denen-hypnose-stattfindet-experiment-klinik-und-show/ (Leerzeichen entfernen) LG Miraculus