Zum "kritischen Faktor" bei der Hypnose

  • Hallo zusammen, das Thema ist zugegebenermaßen nicht ganz neu. Aufgrund einer "internen" Diskussion möchte ich es aber dennoch gerne noch einmal aufgreifen. Was ich schreibe, ist selbstverständlich nur meine Meinung, und die kann man natürlich auch kritisieren und eine andere Auffassung vertreten! [b][u]Einleitung[/u][/b] Es herrscht weit verbreitet die Vorstelung, dass bei der (tiefen) Hypnose die sog. "kritische Faktor" völlig verloren gehe. Gemeint ist mit "kritischer Fakultt" wohl meist die Fähigkeit eines Menschen, die objektive Situation einzuschätzen und ebenso die Fähigkeit, die Ausführung von Suggestionen zu verweigern. Diese Fähigkeiten, so also eine verbreitete Ansicht, sind bei der Hypnose - jedenfalls der "tiefen" - nicht mehr da. Zu den "Pionieren", die mehr oder weniger solche Ansichten vertreten, gehören etwa Hippolyte Bernheim, August Forel, Wwohl auch Iwan Pawlow und viele andere Hypnotiseure. Auf der Seite gab und gibt es Leute, die der Überzeugung sind, dass der Wille des Hypnotisierten von großer Bedeutung ist, und dass "das Subjekt" die Fähigkeit behält, adäquat auf die jeweilige Situation zu reagieren. Zu den Vertretern dieser Auffassung gehört James Braid, insbesondere der späte; ebenso John M. Bramwell, dessen Ausführungen zur Sache nach wie vor eindrucksvoll zu lesen sind, und beispielsweise auch Dave Elman, der vor allem durch seine schnellen Induktionen bekannt wurde. [b][i]Anmerkungen zu Elman[/i][/b] Die Formulierung mit der "kritischen Fakultät" scheint aber insbesondere auch durch Dave Elman Verbreitung gefunden zu haben, einen ehem. Showhypnotiseur, der in den USA Ärzte und Zahnärzte in Hypnose unterrichtete. Nun ist aber unschwer zu erkennen, dass Elman der Überzeugung war, dass der Hypnotisierte auch in der "tiefsten" Hypnose immer in der Lage isst, die jeweilige Situation adäquat einzuschätzen, sie zu reflektieren und auf dieser Grundlage eigene Entscheidungen zu treffen. Dies wird beispielsweise deutlich, wenn Elman den sog. Esdaile-State, einen Zustand besonders teiefer Entspannung und Trance, in seinem Buch "Hypnotherapie" diskutiert. Elman stellt gerade in diesem kapitel am konkreten Beispiel eines seiner Schüler heraus, dass der Proband den Kontext richtig erfasst und einschätzt, auch in tiefster Hypnose. (Auch an vielen anderen Stellen weist Elman dauf die Eigenständigkeit und die Fähigkeit, angemessen auf die SItuation zu reagieren, hin. Aber im Zusammenhang mit dem besonders tiefen Esdaile-State wird es vielleicht besonders deutlich.) Generell betont Elman außerdem den motivationalen Aspekt der Hypnose ausgesprochen stark, mehr als fast jeder andere Hypnose-Lehrer. Immer wieder macht er klar, dass der Hypnotisand deswegen in Trance geht oder Suggestionen ausführt, weil er es WILL. Elman ging sogar so weit, dass er sagte, dass es eigentlich gar keinen Hypnotiseur gebe; denn der Proband hypnotisiere sich selbst und der Hypnotiseur könne ihm nur Vorschläge unterbreiten, die es ihm erleichtern, sich selbst zu hypnotisieren. Diese Betonung von Wille und Aktivität des Hypnotisierten zeigt sich etwa auch in der bekannten Elman-Induktion: Dort wird nicht suggeriert, dass etwas mit dem Klienten "geschieht", sondern der wird aufgefordert, etwas aktiv zu tun - etwa sich zu entspannen und Zahlen aus seinem Bewusstsein zu entfernen. Die Rerde vom Umgehen der "kritischen Fakultät" bei Elman ist also missverständlich, denn Elman betont die erhaltenen Fähigkeiten des Hypnotisierten mit größtem Nachdruck. Was Elman sagen will ist offenbar, dass der Hypnotiserte limitierende Grenzen abwerfen kann, ohne deswegen aber seine Fähigkeiten zu verlieren. Wenn man Elman hier überhaupt kritisieren will, dann m.E. am ehesten so, dass die Rolle des[i][b] bewussten[/b][/i] Willens und Entscheidens sogar [u]überbetont [/u]wird. [b][u]Die Fähigkeit, die Situation adäquat zu erfassen[/u][/b] Mit disen historischen Anmerkungen ist die Sache selbst aber nicht entschieden. Betrachten wir daher also die Sache selbst: Es gibt sehr viele Hinweise dafür, dass auch der "tief Hypnotisierte" stets einen entscheidenden Realitätsbezug behält. Es würde jeden Rahmen sprengen, das detailliert auszuführen, aber einige Hinweise sollen und müssen sein. Wenn hypnotische "Subjekte" beispielsweise ein Hindernis auf ihrem Weg negativ halluzinieren sollen, dann vermeiden sie dieses Hindernis gewöhnlich auch dann, wenn sie die negative Halluzination erleben. Dieses als "Trancelogik" bezeichnete Verhalten zeigt sich beispielsweise auch darin, dass Hypnotisierte sich nicht gerne ohne Drängen auf einen Stuhl setzen, auf dem eine andere Person sitzt, selbst wenn sie diese negativ halluzinieren. Vor längerer Zeit hatte ich mit einigen Freunden und Bekannten eine ganze Reihe von privaten Versuchen zu solchen Phänomenen durchgeführt. Unter anderem prüfte ich in einem Fall auch nach, wie das mit dem Stuhl ist, auf dem eine negativ halluzinierte Person sitzt. Die Person, mit der ich dieses spezielle Experiment durchführte und die sehr suggestibel ist, verhielt sich bei Trance-Logik-Versuchen zuerst "lehrbuchmäßig", dann aber zunehmend "unkonventioneller". Ich suggerierte dem Probanden dann etwa, dass eine uns beiden vertraute Person aus dem Zimmer gegangen sei, und er sah sie auch nicht mehr. Auf meine Frage, ob er sich denn auf den Stuhl (auf dem die in Wahrheit saß) setzen würde, wartete er gar nicht ab, sondern setzte sich sofort und "demontsrativ" hin. Hier, wie auch bei ähnlichen Versuchen verhielt sich dieser Proband gerade "gegenteilig" zu dem, was man erwarten würde. Er machte das jedoch auf eine "demonstrative" und zugleich sorgfältige Weise, so dass er niemandem weh tat. Jeder Außenstehende hätte gesagt, dass diese Person die Halluzinationen gar nicht wirklich erlebt und mich ganz bewusst auf den Arm nehmen will. Ich kenne diese Person und ihre Reaktionen bei der Hypnose aber gut und bin mir sicher, dass das [b][i]nicht [/i][/b]der Fall ist; genauer gesagt, dass dieses "Subjekt" mich jedenfalls nicht [u]bewusst[/u] auf den Arm nahm. Unbewusst tat es das allerdings wohl durchaus, denn sein Verhalten entsprach ganz seinem scherzhaften Gemüt, das hier zum Vorschein kam. (Solche Beispiele illusrtieren m.E. auch einen wesentlichen Punkt: Es ist hier die individuelle Person selbst, die auf einer unbewussten Ebene agiert, kein "ichfernes" Unterbewusstsein.) Was ich hier nur an einem Beispiel angedeutet habe, gilt aber auch weit allgemeiner: Versuche zu unbeusstem Wissen bei Amnesie, bei visuellen, aditiven, olfaktorischen und anderen Halluzinationen zeigen deutlich eines: Selbst wenn der Hypnotisierte auf bewusster Ebene eine an sich gegebene Wahrnehmenung nicht "mitbekommt", registriert er sie unbewusst durchaus; er bezieht die entsprechenden Informationen außerdem in (unbewusste) Überlegungen ein und verhält sich situationsangemessen. Das sei hier nur an zwei Beispielen verdeutlicht: Wenn man einem guten "Subjekt" eine Reihe von gleich außsehenden Karten vorlegt, manche mit einem roten Kreuz versehen und mache nicht, dann kann man ihm auch sagen, dass es die Karten mit Kreutz nicht sieht. Eine hypnotisch suggestible Person wird entsprechend reagieren. Dazu muss sie aber natürlich erst einmal nicht nur alle Karten registrieren, sondern solche mit und ohne Markierung unterscheiden. Vielleicht noch deutlicher wird der Punkt, wenn wir an ein bekanntes Beispiel aus der Showhypnose denken. Der Proband soll einen Besen als attraktive Frau (resp. attrakrtiven Mann) sehen und mit ihm tanzen. Wäre der Hypnotisierte nicht auf einer entscheidenden Ebene in der Lage, den Besen als solchen wahrzunehmen und von einem Menschen zu unterscheiden, so würde die ganze Nummer nicht funktionieren. Denn der Proband darf mit dem Besen ja gerade NICHT so tanzen, wie man mit einem Menschen tanz, und ihn nicht so berühren, wie man das mit einem menschlichen Tanzpartner tut. Sonst fände der Besen keinen Halt und würde vermutlich schnell umfallen. Der Hypnotisierte wird den Besen vielmehr (am Stil) so greifen, wie man das eben mit einem Besen tut. Der Hypnotisierte muss hier folgende Aufgaben bewältigen: 1. Er muss die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind; also den Besen als Besen. 2. Er muss die Situation so einschätzen, wie sie wirklich ist: Er muss realisieren, dass er einen Besen vor sich hat, und dass er einen Besen[i][b] nicht[/b][/i] wie einen Menschen festhalten darf, wenn der nicht umfallen soll. 3. Er muss verstehen, was jetzt von ihm erwartet wird: Nämlich, dass er das, was in Wahrheit ein Besen ist, als Menschen wahrnehmen und mit ihm "tanzen" soll. 4. Er muss für sich selbst die geistige und sinnliche Illusion eines Menschen erzeugen. 5. Er muss dabei den Widerspruch ignorieren, der darin besteht, dass er den "Tanzpartner" wie einen Besenstange hält, und nicht wie einen Menschen. [i][u]Was hier also ganz deutlich wird, ist die Tatsache, dass die bewusste Illusion nur deswegen funktioniert, weil der Hypnotisierte auf einer entscheidenden, sein Verhalten prägenden Ebene Realität und Illusion perfekt unterscheiden kann.[/u][/i] Er weiß ganz genau, was "wirklich los" ist und was nicht. Dies auf einer unbewussten Ebene, was aber dem Gesagten keinen Abbruch tut. Gerade die "Kritikfähigkeit", also die Fähigkeit, Fiktion und Wirklichkeitt zu unterscheiden, ist die Grundlage und unverzichtbare Voraussetzung der Illusion und des entsprechenden Verhaltens! Nur indem der Hypnotisierte die Realität erfasst und das entsprechnde Wissen intelligent verarbeitet, kann er die Suggestion des Hypnotiseur umsetzen. Wie man solche Phänomene wie das gerade Beschriebene erklären will, wenn man die Fähigkeit des Hypnotisierten abstreitet, die Wirklichkeit auf einer entscheidenden Ebene wahrzunehmen, zu reflektieren und sich dementsprchend zu verhalten, erschließt sich mir überhaupt nicht. (Natürlich gibt es aber auch "primitive" unbewusste Prozesse. Wenn der Hypnotisierte allerdings halluziniert oder Amnesie zeigt, so scheinen die dazu parallel verlaufenden unbewussten Wahrnehmungs- und Denkprozesse intelligent und ihm als Person zugehörig zu sein.) [b][u]Übt der Hypnotisierte eine willentliche Kontrolle aus? [/u][/b] Aber auch was die Fähigkeit zur Selektivität angeht, Suggestionen auszuführen und zu verweigern, so behält der Hypnotisierte hier nach meiner Überzeugung sein Auswahlvermögen. Dabei muss dieseser Prozess nicht unbedingt "bewusst" ablaufen, sondern das Gefühl der Kontrolle kann "dissoziioert" sein (s.u.) Die Bedeutung der Motivation lässt sich an vielen Beispielen zeigen. Der Hypnoseforscher Martin Orne berichtet etwa davon, dass nicht nur er Patienten erlebt hat, die alle Anzeichen "tiefer Trance" zeigten, dann aber aus irgendeinem Grund eine einfache Suggestion oder Instruktion willentlich verweigerten. Vielmehr berichtet Orne davon, dass ALLE erfahrenen Kliniker, die Hypnose anwenden und mit denen er sprach, genau dieselbe Erfahrung gemacht hatten. Eindrucksvoll sind auch die Beispiele, die Bramwell schon vor über 100 Jahren berichtete. Immer wieder erlebten er und seine Kollegen, wie absolut exzellente "Somnambule" aus irgendwelchen Gründen einzelne Suggestionen verweigerten. So gab es immer wieder hervorragende Testpersonen, die zwar bereitwillig[i][u] halluzinierte[/u][/i] Pseudo-Verbrechen begingen, etwa jemanden mit Puderzucker "vergifteten", von dem suggeriert worden war, dass es sich um Arsenik handele, eine hochgiftige Arsen-Verbindung; gleichzeitig aber verweigerten solche Personen dann Befehle, durch die ihnen oder anderen ein [i][u]realer[/u][/i], wenn auch geringer Schaden entstanden wäre. Wie Bramwell anmerkt, konnten die Subjekte offenbar mühelos zwischen Fiktion und Realität unterscheiden, und ihr Wille blieb unbeeinträchtigt. [b][u]Potentielle Einwände[/u][/b] Ein Einwand gegen die erhaltene Kritikfähigkeit Hypnotisierter ist ihre Gehorsamsbereitschaft und ihre scheinbare Willigkeit, bei vermeintlich gefährlichen Experimenten mitzumachen. Dazu ist dies zu sagen: a) Viele solche Versuche sind unrealistisch. Es ist jeweils klar, dass kein echter Schaden droht. Der Hypnotiseur nimmt aber einfach an, dass der Hypnotisierte dies erfassen und reflektieren kann. Genauere Untersuchungen zeigen aber die Unhaltbarkeit einer solchen Mutmaung. Gaz im Gegenteil: Versuchspersonen, insbesondere hypnotische, sind gewöhnlich exzellent darin, auch sehr versteckte und informelle Versuche als solche zu identifizieren. b) Wenn Wache bei entsprechenden Versuchen denselben Anforderungen und demselben Druck ausgesetzt sind wie "tief Hypnotisierte", dann sind sie gleichermaßen gehorsam wie Hypnotisierte. Das wollte man lange nicht glauben. So bezog man Wache gar nicht in entsprechende Versuche ein, weil man ja eh glaubte, dass sie den Gehorsam verweigern würden. Ein Hypnoseforscher bezeichete entsprechende wache Kontrollgruppen dann gar als "Farce", die unnötig sei. Tatsächlich aber zeigte sich, dass Hypnotisierte wie Nicht-Hypnotisierte bei entsprechenden Schein-Verbrechen in hohem Maße mitmachen. "Wache" waren so gehorsam wie Hypnotisierte; vor allem wegen a). c) Es wird zwar immer wieder behauptet, dass man Hypnotisierte nur zu Schein-Verbrechen bringen könne, wenn man sie über die pseudo-unmoralische Natur des Versuchs hinwegtäuscht. Wenn man wolle, dass ein "Somnambuler" mit (natürlich entladener) Waffe auf einen Menschen schieße, dann müsse man ihm etwa suggerieren, dass der Mensch ein gefährliches Tier oder die Waffe ein harmloses Feuerzeug sei. Die bereits oben erwähnten Versuche der frühen Zeit belegen aber das Gegenteil: Man kann nicht nur pseudo-kriminelle Aktionen durch Suggestion als harmlos hinstellen, sondern im Gegenteil auch harmlose Suggestionen als kriminell erscheinen lassen. Wir hatten das Beispiel mit dem Arsenik bereits genannt, das in Wahrheit harmloser Puderzucker war; außerdem suggerierte man Leuten auch, dass Waffen geladen seien und sie auf andere Person schießen sollen, und das sehr erfolgreich. Auch Experimente, wie sie Hypnoseforscher wie Rowland, Young, Lyon und andere durchführten, sprechen klar dagegen, dass es auf eine "Verharmlosung" pseudo-krimineller Befehle durch Halluzinationen ankommt. Mit oder ohne solche Bemühungen konnten fast alle "tief Hypnotisierten" zu Pseudo-Verbrechen gebracht werden. Allerdings zeigten spätere Versuche, dass "Wache" genau so gehorsam waren. Der Hypnoseforscher Martin Orne hat anhand von konkreten Beispielen m.E. überzeugend dafür argumentiert, dass nicht das Vorhandensein hypnotischer Täuschungemn, sondern der "Approach" des Hypnotiseurs sowie der Gesamt-Kontext ausschlaggebend sind. Manche Hypnotiseure konnten auch ganz ohne Illusioen tief Hypnotisierte zu "Verbrechen" bringen, andere selbst mit solchen nicht - je nach Kontext und Zugangsweise. d) Die Bereitschaft der Menschen - mit und ohne Hypnose - zum Gehorsam wird allgemein dramatisch unterschätzt. Weit mehr Menschen sind zur Unterwerfung bereit, als man allgemein annimmt. Das haben etwa sozialpsychologische Experimente eindrucksvoll gezeigt. Berücksichtigt man das nicht, dann ist man leicht geneigt, einen Gehorsam vorschnell der Hypnose zuzuschreiben, der in Wahrheit von allgemein-psychologischen Faktoren herrührt. e) Auch wird entsprechend der sozale Druck, der aus einer bestimmten Situation herrührt (wenn man beispielsweise auf der Bühne steht) oft unterschätzt. f) Gerade in der Theapie spielen wichtige Faktoren wie der Wunsch nach Hilfe, Vertrauen zum Behandler usw. eine Rolle. Daher kommt es immer wieder zum sexuellen Missbrauch besonders in der Psychotherapie. Das gilt aber keineswegs nur für die Hypnotherapie, und deswegen darf die Hypnose auch nicht einfach als Ursache angenommen werden. g) Gerade "gute" hypnotische Subjekte können subjektiv das Gefühl des Kontrollverlustes oder des Zwanges erleben. Experimente sprechen aber dafür, dass sie objektiv nicht gehorsamer sind als "Wache", ihren Gehorsam dann aber teilweise dennoch der Hypnose zuschreiben. Das spricht wiederum dafür, dass Hypnose und Suggestion eher das Erleben von Handlungskontrolle, nicht aber die handlungskontrolle selbst beeinflussen. Das subjektive Gefühl fehlender Kontrolle "prima facie" als Beweis für tatsächlich verminderte Kontrolle zu interpretieren, erscheint also nicht als gerechtfertigt. [b][u]Einige weitere Bemerkungen[/u][/b] Weiterhin sei noch erwähnt, dass das Reagieren auf eine hypnotische Suggestion etwas anderes ist als das Reagieren auf Placebos - oder ähnliche "Effekte der Erwartung" (siehe ersten Link unten). Bei der Hypnose scheint es weniger um ein Abwarten als um eine "Engagement" zu gehen, das aber natürlich ubewusst sein kann. Eine Reihe von Versuchen, wie etwa T.X. Barber sie durchführte, sprecht außerdemdafür, dass gerade beim Reagieren auf die hypnotische Suggestion Motivation - ob bewusst oder unbewusst - essentiell ist. Um ein Beispiel zu geben: Wenn Hypnotisierte etwa Tag für Tag genau derselben Induktion und denselben Tests ausgesetzt sind, dann langweilen sie sich offenbar - jedenfalls lässt ihre Motivation für die Hypnose beständig nach. Mit dieser nachlassenden Motivation nimmt aber auch ihre hypnotische Suggestibilität konstant und wesentlich ab. Keineswegs scheint hypnotische Suggestibilität also unabhängig von der Motivation des Probanden zu sein; und man darf auch nicht annehmen, dass jemand [i][u]allein[/u][/i] durch die Hypnose in einem Zustand erhöhter Motivation oder gar des absoluten Gehorsams gelangt.(Allerdings "motiviert" die Hypnose natürlich oft.) Auch scheint hypnotische (!) Suggestibilität ersst recht nichts mit Befehlsautomatie zu tun zu haben. Dies ist jetzt im Grunde nur eine knappe Fassung, und man könnte noch viel Weiteres dazu schreiben. Es soll hier aber genügen und vielleicht etwas besser verständlich machen, wieso ich Anhänger einer motivationalen Auffassung der Hypnose bin...wobei das natürlich nur meine Meinung ist... [b][u]Weiterführende Literatur:[/u][/b] 1) Zum Verhältnis von Hypnose und Placebo-Effekt gibt es einen für die Allgemeinheit verfassten kurzen Text von Campbell Perry: http://www.fmsfonline.org/hypnosis.html#ihafop 2) Bramwell argumentiert m.E. sehr überzeugend gegen die mechanistische Auffassungen Bernheims und erörtert "hypnotische Verbrechen" kritisch; insbesondere argumentiert er für den Willen und di Fähigkeiten des Hypnotisierten. Vor allem S. 312-331 ist sehr lesenswert: ia600301.us.archive.org/34/items/hypnotismitshist00bram/hypnotismitshist00bram_bw.pdf 3) Vielleicht darf ich auch noch auf mein Blog http://hypnoseinfos.wordpress.com verweisen, wo einige Artikel Relevanz für dieses Thema besitzen, und auf meinen Artikel http://hypnoseverbrecheninfo.wordpress.com/2010/04/07/hypnose-verbrechen/